Gewinne mit unterbewerteten Immo-Aktien

Für viele europäische – und auch österreichische – Immobilienaktien sprechen neben der lockeren Geldpolitik der EZB auch geringe Finanzierungskosten.

Im vergangenen Herbst und auch Anfang 2017 zählten europäische Immobilienaktien nicht gerade zu den Top-Performern an den Börsen. Während sich vor allem zyklische Werte stark entwickelten, hinkten etwa deutsche Bond-Proxies wie LEG Immobilien, Deutsche Wohnen oder Vonovia dem Gesamtmarkt doch recht deutlich hinterher. Wie Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft, erklärt, sei dahinter in erster Linie die Angst der Investoren vor steigenden Zinsen gestanden.

In den vergangenen Wochen hat sich das Blatt allerdings gewendet und europäische Immobilienaktien haben zu einem neuen Höhenflug angesetzt. Rupp führt die Erholung darauf zurück, dass die Angst vor einer Zinswende nunmehr zurückgegangen sei. Er verweist darauf, dass die Bilanzsumme der EZB kürzlich auf 4,2 Bio Euro angestiegen sei, weshalb sich die Frage stelle, ob ein Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik noch möglich sei, ohne größere Verwerfungen an den Kapitalmärkten zu verursachen.

„Wir sehen daher auf absehbare Zeit – im Gegensatz zu den USA – keine steigenden Zinsen in Europa und glauben weiterhin an eine repressive Notenbankpolitik, die versucht ist, das nominelle Zinsniveau unter der Inflationsrate zu halten“, so Rupp weiter. Für europäische Immobilienaktien spreche auch, dass sich die Finanzierungskosten weiterhin auf einem Rekordtief befinden – und sogar weiter zurückgehen. „Viele Immobiliengesellschaften haben sich das attraktive Refinanzierungsniveau für einen längeren Zeitraum gesichert“, bestätigt Stefan Scharff, Analyst bei SRC Research.

Als gutes Beispiel dafür, wie Branchenplayer das aktuelle Umfeld genutzt haben, um ihre fundamentale Ausgangslage zu verbessern, kann Unibail-Rodamco (ISIN: FR0000 124711) herangezogen werden. Das französische Immobilienunternehmen konnte seit 2010 seine durchschnittlichen Finanzierungskosten von 4 auf zuletzt 1,6 % reduzieren. Gleichzeitig wurde die durchschnittliche Finanzierungsdauer von 4,3 auf 7 Jahre verlängert. Erst kürzlich hat das Unternehmen eine Anleihe mit Laufzeiten von 12 bzw. 20 Jahren (Dual-Tranche) mit Kupons von 1,50 bzw. 2 % emittiert. Das macht Unibail-Rodamco im Falle eine Zinserhöhung in Europa weniger angreifbar als andere Player.

Laut Rupp bedeuten steigende Zinsen grundsätzlich nichts Schlechtes für den Immobiliensektor. „Wenn die nominalen Zinsen aufgrund einer steigenden Inflationserwartung steigen, die realen Zinsen aber nicht, sollte dies eigentlich keinen negativen Effekt auf die Bewertungen von Immobilienaktien haben“, sagt er. Der Hintergrund: Zumindest in Kontinentaleuropa wären die Mieteinnahmen inflationsindexiert. Steigen hingegen die Nominalzinsen infolge einer positiven Konjunkturentwicklung, so kompensiere wiederum das Mietwachstum bei Gewerbeimmobilien oft den negativen Effekt steigender Zinsen.

Auf der Liste der Wiener Kaufempfehlungen von Scharff stehen derzeit unter anderem CA Immo, Warimpex und UBM. Rupp gefallen auf europäischer Ebene aktuell Namen wie Vonovia, Klépierre, Deutsche EuroShop sowie Wereldhave. Am Wiener Börseparkett hat er weiters „die nach wie vor unterbewerteten Player“ CA Immo, Immofinanz und S Immo auf der Rechnung. „Kommt es zu einer Fusion zwischen CA Immo und Immofinanz so stellt sich die Frage, ob es auf längere Sicht nicht zu einer ,größeren Lösung’ mit Einbeziehung der S Immo kommen könnte.“ So könnten etwa hinter den jüngsten Aktienkäufen der S Immo (von CA Immo und Immofinanz, Anm.) durchaus auch andere strategische Interessen stehen.     

Autor: Mag. Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)