Austro-Weltkonzern meets NÖ-Jugend

Es sollte mehr praktisches Wirtschafts- und Finanzwissen in der Bevölkerung, beginnend bei der Jugend, geben, fordern viele. Der Börsen-Kurier startete eine Initiative mit einem Schul-Event.

Wirtschaftswissen bei den Österreichern populär zu machen und zu verbreiten, geht nicht von oben herab und nicht mit trockener Theorie. Schon gar nicht bei Jugendlichen. Die wollen – berechtigterweise – Praxisbezug hören bzw. sehen und wollen konkrete Fragen stellen. Nachdem der Börsen-Kurier in den vergangenen Hauptversammlungs-Saisonen interessierte Schulklassen und deren Lehrkräfte bei Hauptversammlungen begleitet hat und mit ihnen in weiterführendem Dialog war, ging es jetzt direkt in die Schule. Startschuss war mit und in der Höheren Lehranstalt für Produktmanagement und Präsentation in Mödling (NÖ). In organisatorischer Zusammenarbeit mit den interessierten Lehrkräften der HLP stand ein Vormittag mit einem prominenten Gastunternehmen auf dem Programm: Der börsenotierte, weltweit tätige heimische Konzern RHI AG stellte sich vor und stand Rede und Antwort. In Gestalt von Romy-Sophie Katz, Product Manager Market Intelligence in der RHI AG. Aktive Zuhörer waren zwei 4. Klassen mit rund 55 Schülern des Ausbildungszweiges Produktmanagement und Design. Dementsprechend war Katz mit praxisbezogenen Fragen konfrontiert. Sie ist in dem heimischen Weltkonzern für Marketing Services Strategy, Analysis & Pricing verantwortlich und konnte daher ebenso praxisnah erzählen. RHI stehe für die Herstellung von Feuerfestmaterialien aus den Rohstoffen Dolomit und Magnesit für die Schwerindustrie. Diese Innenauskleidungen für industrielle Aggregate müssen Temperaturen von mehr als 1.200 Grad Celsius aushalten. RHI sei also im globalen B2B-Business mit den Hauptkunden Stahl-, Zement/Kalk-, Glas- und Nichteisenmetall-Industrien. Man habe rund 1.500 Patente beantragt, das Forschungszentrum des Konzerns ist im steirischen Leoben und man betreibt hierzulande Bergbau in Breitenau, Hochfilzen und Radenthein. Eine historische österreichische Großproduktionsstätte der RHI befindet sich im obersteirischen Veitsch.

Der Abnehmermarkt sei riesig, denn weltweit werden allein 1,8 Mrd Tonnen Stahl p.a. produziert. Da die Feuerfestverkleidungen in den Stahlaggregaten sehr beansprucht werden, müssen sie durchschnittlich einmal monatlich ausgewechselt werden. Solche Auskleidungen werden in der Fachsprache „Refractory Linings“ genannt. RHI stehe für Technologieführerschaft und qualitativ hochwertige Produkte.

Praxiseinblicke

Anschließend an den Overview stellten die Schülerinnen und Schüler Fragen zur Praxis des Produktmanagements dieses B2B-Geschäfts: Zielgruppen, Marktbeobachtung, Marketing, Jobanforderungen etc. Zur Sprache kam unter anderem die „Vier P Regel“: Product Policy, Pricing Policy, Promotion Policy und Placement Policy. Product Management bei der RHI sei eine globale Tätigkeit und daher mit viel Reisen verbunden, berichtete Katz. Allein im Bereich Steel Linings habe die RHI rund 1.000 Kunden in 100 Ländern weltweit. Die Kundenanforderungen seien verschieden. Die Bandbreite reicht von Schrotteinschmelzenden Stahlwerken bis hin zu den Erzeugern von sehr hochwertigem Stahl, wie etwa auch die voestalpine. Das Produktmanagement arbeitet eng mit der Forschung & Entwicklung und dem Vertrieb zusammen. „Market Intelligence“, das heißt Märkte kennen und verstehen, plus erkennen was der Markt braucht, sei eine spannende Aufgabe. Es gebe große Datenmengen zu analysieren. Etwa: Wie verändert sich der globale Stahlmarkt, wo wird welcher Bedarf nachgefragt, was braucht es Neues? Auch auf nicht beeinflussbare Veränderungen müsse man – etwa im Pricing – reagieren.
Beispiel Rohstoffknappheit im Zulieferland China aufgrund dortiger Gesetzesänderungen. In eigenen „Intellectual Property Meetings“ bringen die Mitarbeiter Ideen ein und es wird anhand von Marktanalysen etwa besprochen, was wo zu patentieren wert wäre. Neue Projekte gehen Hand in Hand mit Forschern: für Simulationen, chemisch-physikalische Tests und erste Versuche, gefolgt von Praxistests vor Ort beim bestreffenden Kunden. Zur Sprache kamen weiters Industrie 3.0 (automatisierte Datensammlung, von Menschen analysiert und interpretiert) und Industrie 4.0 (vollautomatische Prozesse). Die Zukunft Industrie 4.0 umfasse „Measure, make and modify & improve“. Aufgabenfelder werden sich verändern, neue Arbeitsfelder, die man zum Teil heute noch gar nicht kennt, werden sich auftun. Eine Chance gerade für die jungen Generationen.

Autor: Mag. Manfred Kainz  (redaktion@boersen-kurier.at)