Conwert: Angemessen oder doch zu wenig?

Ein Deja-vu-Erlebnis: Selber „Studio 44“-Saal, wieder ein Squeeze-out auf der Tagesordnung, wieder kritisierte Gutachten(r), wieder streitbarer Streubesitz …

Nach der o. HV der BWT AG, war diesmal die außerordentliche HV der conwert Immobilien Invest SE an der Reihe. Es stand nur ein Tagesordnungspunkt auf der Agenda und zur Abstimmung. Aber der hatte es in sich: Es sollte der Beschluss gefasst werden über den Ausschluss der Minderheitsaktionäre gemäß Gesellschafterausschlussgesetz und zu Übertragung von deren Aktien der conwert auf den Düsseldorfer Hauptgesellschafter Vonovia SE – unter Gewährung einer „angemessenen Barabfindung“. Der Squeeze-Out-Antrag kam von Hauptgesellschafter (mit 93,09 % des Grundkapitals) Vonovia, der den Minderheitsaktionären, dem restlichen 6,91%igen Streubesitz, eine Barabfindung von 17,08 E pro conwert-Stückaktie in Aussicht stellte. Der Vertreter von Vonovia, Vorstandsmitglied Stefan Kirsten, legte den gemeinsamen Bericht der Vonovia und des conwert-Verwaltungsrates vom 16. Juli 2017 und nochmals das freiwillige Übernahmeangebot vom September 2016 dar. Die Unternehmensbewertung für das nun gelegte Barabfindungsangebot hat die Stuttgarter Wirtschaftsprüfungs- & Steuerberatungsgesellschaft Ebner Stolz erstellt. Deren „gutachterliche Stellungnahme über die Ermittlung des Unternehmenswertes von conwert zum 29. August 2017“ (dem HV-Termin) wurde vom Ebner-Stolz-Repräsentant Matthias Popp ausführlich dargestellt. Der NAV je Aktie liegt demgemäß bei 15,45 Euro (auf Basis der Zahlen zum 1. Quartal) bzw. 15,85 Euro (auf Basis des Halbjahresabschlusses), das Barabfindungsangebot liege also deutlich darüber, so Kirsten. Auch der höchste Börsekurs der vergangenen sechs Monate lag unter dem Abfindungsangebot. Und auch das damalige Übernahmenangebot von 16,16 Euro lag niedriger als das jetzige Angebot und sei von 87 % freiwillig angenommen worden (plus diejenigen, die das Aktientauschangebot angenommen hatten). So begründete Kirsten die „Angemessenheit“ des Barabfindungsangebots von 17,08 Euro, die das Ebner-Stolz-Gutachten errechnet hatte. Laut Popp bestätige auch die vorgenommene „Plausibilisierung“ die Angemessenheit. Der durchschnittliche Börsenkurs der sechs Monate vor der Ad-hoc-Mitteilung, dass Vonovia das Gesellschafterausschlussverlangen stellt, sei mit 16,15 Euro unter dem nun errechneten Discounted-Cashflow-Wert von 17,08 Euro. Und dieser liege am oberen Ende der „Plausibilitätsbandbreite“. PricewaterhouseCoopers (PwC) war der vom HG Wien gerichtlich bestellte sachverständige Prüfer gemäß GesAusG für den gemeinsamen Bericht und die Angemessenheit des Abfindungsangebots. PwC-Vertreter Felix Wirth schlug puncto Berechnung und Plausibilitätsbewertung in dieselben Kerben wie die Vorredner.

All die Präsentationen änderten nichts an der kritischen Stimmung der Streubesitzaktionäre. Rechtsanwalt Wolfgang Leitner etwa brachte es auf den Punkt: „17,08 Euro sind uns zu wenig.“ Mit Blick auf die DCF-Methode der Unternehmensbewertung: Wenn ein Squeeze-out bevorstehe, könne der Vorstand „vorsichtig oder mutig“ planen. Und entsprechend komme bei der Unternehmensbewertung „unten nur das heraus, was man vorher oben einwirft“. Das heißt, eine adaptierte Planrechnung des Vorstandes, nachdem er vom Squeeze-out-Wunsch gewusst habe. Kritik gab es unter anderem auch daran, dass der Unternehmensbewerter de facto vom Unternehmen bestellt war. „Wessen Brot ich ess‘, dessen Lied ich sing“, gelte auch für Wertgutachter. Auch PwC habe die Vorgaben des Vorstandes bearbeitet, sodass es kein Wunder sei, dass man ebenfalls zu dem Schluss 17,08 Euro komme. Es komme aber darauf an, welche Vorgaben man wähle, und das habe PwC nicht getan. Kritisiert wurde weiters, dass man keine Haftung für das Gutachten übernehme. Es gebe daher „das rechtstaatliche Instrument“ Antrag auf Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung, wo der Gutachter objektiv bestellt werde.

Fazit: Die Abstimmung brachte zwar rechnerisch eine Zustimmung zu Ausschluss und Abfindung, aber sechs Ja-Aktionären standen 46 nein-stimmende Aktionäre gegenüber. Aktionärin Petrus Advisors, deren Vertreter bei der HV ebenfalls anspruchsvolle und kritische Fragen stellten, und RA Leitner für einige Klienten, werden jedenfalls Anträge auf Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung einbringen.

Autor: Mag. Manfred Kainz  (redaktion@boersen-kurier.at)