Einfache Strategie: Niedrig bewertete Aktien kaufen

Den perfekten Zeitpunkt für Aktienkäufe und -verkäufe zu finden, ist laut Experten äußerst schwierig. Ansätze, um diesen einzugrenzen, gebe es aber durchaus.

Warren Buffet ist für seine Börsenweisheiten hinlänglich bekannt. Einst meinte der Börsenguru, dass die Hall of Fame der Market Timer ein leerer Raum sei. Investoren, die versuchen den besten Kauf- und Verkaufszeitpunkt zu finden, wären also zum Scheitern verurteilt. Selbst als erfahrener Anleger wisse er nicht, wie man die Börse oder die Zinsen oder die Konjunktur vorhersagen könne. Nachsatz: „Und ich habe keine Ahnung, ob die Börse in zwei Jahren höher oder tiefer stehen wird.“

Für Josef Zechner, WU-Professor für Finance and Investments und Mitglied der Wissenschaftlichen Leitung bei Spängler IQAM, hat Buffet mit seiner Einstellung zum Market Timing grundsätzlich recht, wie er gegenüber dem Börsen-Kurier erklärt. „Es gibt aber durchaus verschiedene Ansätze, mit denen man versuchen kann einzuschätzen, wann der richtige Zeitpunkt ist, stärker oder weniger stark in Aktien zu investieren“, sagt er.

US-Daten der vergangenen 100 Jahre hätten gezeigt, dass man in den Folgejahren auch mehr verdienen könne, wenn man bei niedrigen Bewertungsniveaus in den Markt hineingehe. Dies lasse sich mit Kennzahlen, wie etwa dem aggregierten KGV, KBV oder Dividendenrenditen einschätzen. „Generell sind nach einer Krise bzw. am Höhepunkt einer Rezession die Risikoprämien für Risky Assets, wie Aktien, hoch“, so Zechner. Das erkläre die Verhaltenstheorie mit „Excessive Extrapolation“. Nach schlechten Marktphasen wären viele Anleger zu pessimistisch und würden von weiteren negativen Erträgen ausgehen, was tendenziell zu Unterbewertungen riskanter Wertpapiere folgen könne.

„Studien haben gezeigt, dass der langfristige Anlageerfolg wesentlich von wenigen guten Handelstagen beeinflusst wird“, so Harald P. Holzer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei der Kathrein Privatbank, zu einem weiteren Argument gegen Market Timing. Das zeige auch eine hauseigene Analyse auf. Demnach sei der Weltaktienindex seit der Einführung des Euro am 1. Jänner 1999 um 147 % oder 5,1 % pro Jahr gestiegen. Nimmt man aber die 20 besten Tage aus der Performanceberechnung heraus, so sinkt der annualisierte Ertrag unter 0.

Ein interessantes Bild zeigt sich auch, wenn man die Veränderungen während eines Monats unter die Lupe nimmt. Lässt man etwa den April 2009, in dem der Weltaktienindex ein Plus von 11,4 % verzeichnete, weg, geht der annualisierte Ertrag auf 4,6 % zurück. Lässt man wiederum die besten fünf Monate weg, halbiert sich das Ergebnis auf 2,6 %. Verpasst man die zwölf besten Monate, wird das Gesamtergebnis sogar negativ.

Auch für Holzer gibt es bei Aktien verschiedene strategische Möglichkeiten für Anleger. Mit ETFs könne man attraktiv bewertete Aktien kaufen oder solche, die seit längerem gut gelaufen sind (Momentum-Strategie, Anm.). Ein weiterer Zugang sei es, in Aktien zu investieren, deren tatsächliche Gewinne über den Analystenerwartungen liegen (Earnings-Revision-Strategie). Insgesamt wären Aktien attraktiver, wenn die Dividendenrenditen über den Anleihenrenditen liegen und umgekehrt.

Für Zechner sei es ein guter Ansatz einen Asset-Mix – etwa 60 % Anleihen und 40 % Aktien – zu halten und diesen konstant zu rebalancieren. „In einem Crash müssen demnach Aktien nachgekauft und Anleihen verkauft werden, um den 60:40-Mix beizubehalten“, so der Experte. Dies sei auch für Kleinanleger einfach über billige ETFs umzusetzen. Stichwort: Trading-Kosten. Dazu gab Buffet ein weiteres Bonmot von sich. „Wer versucht den Markt zu timen, tut seinem Broker einen Gefallen, aber nicht sich selbst.“

Autor: Mag. Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)