Wiener Börse vor weiteren Gewinnen

Ungeachtet des heuer und 2016 erlebten starken Aufholeffekts von ATX und Prime Market sieht Fondsmanager Alois Wögerbauer attraktiv bewertete Aktien am Wiener Börseparkett.

Nach zwei starken Jahren zeigt sich an der Wiener Börse ein ähnliches Bild wie an den Marktplätzen anderer entwickelter Länder, wenngleich dort die aktuelle Aktienrallye schon deutlich länger andauert: Der Markt ist nicht mehr ganz billig. Dennoch sieht Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft, nach wie vor attraktive Gelegenheiten für Anleger. In diesem Zusammenhang positiv: Für 2018 erwartet der Experte in Wien eine Börsenperformance von 5 bis 6 %, was in etwa dem Ertragswachstum entspreche.

Keine Schnäppchen

„So richtige Schnäppchen gibt es an der Wiener Börse nicht, da der Markt schon einige Zeit gut gelaufen ist“, meint Wögerbauer im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Auf der anderen Seite gebe es aber auch keine absurd hohen Bewertungen. Für Wögerbauer ist es ohnehin wichtig, bei Begriffen wie „teuer“ und „billig“ Vorsicht walten zu lassen. „Ist beispielsweise der ATX heute und vor 15 Jahren mit einem KGV von 14 bewertet, so hinkt ein Vergleich, da man das unterschiedliche Zinsniveau berücksichtigen müsste“, erklärt er uns gegenüber. Tatsächlich lag das Zinsniveau damals bei 4 bis 5 %, heute liegt es bekanntlich bei rund 0 %. „War vor 15 Jahren zum Beispiel 15 teuer, so könnte das heutige ,teuer’ auch locker bei über 20 liegen“, führt der preisgekrönte Fondsmanager weiter aus. Auch in relativer Hinsicht hinke ein Vergleich, unterscheiden sich doch die Renditen, die heute mit Unternehmensanleihen (rund 1 %) und Staatsanleihen (rund 0 %) erzielt werden könnten, mit jenen zu früheren Zeiten. „Insofern sind wie am Beispiel Wien Dividendenrenditen von im Schnitt 2,8 % relativ zu Unternehmensanleihen sehr attraktiv“, so Wögerbauer.

Zur Einschätzung von Aktien zieht Wögerbauer gerne das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), das das Verhältnis zwischen dem Börsenwert und Substanzwert (Eigenkapital) eines Unternehmens ausdrückt, heran. Dabei sei die Rendite auf das Eigenkapital wichtig. „Liegt diese beispielsweise bei 20 %, dann kann man locker den zwei- bis dreifachen Buchwert bezahlen; liegt sie bei 5 %, wird die Aktie wohl unter Buchwert notieren“, hält er fest. Insgesamt empfiehlt Wögerbauer Anlegern, anstatt sich bei der Einschätzung der Bewertung auf einzelne Kennzahlen zu beziehen, ein Gesamtbild zu machen.

Attraktiv bewertet ist für Wögerbauer am Wiener Börsenparkett nach wie vor der Finanzsektor. „Im Falle der VIG investiert man in eine attraktive Dividendenrendite und eine führende Marktstellung in Osteuropa“, sagt er. Gut gefallen ihm auch BUWOG und CA Immo. Letztere notiere trotz ihrer Entwicklungspipeline noch immer unter Buchwert. Die RBI sei auf dem aktuellen Niveau hingegen normal bewertet – auch wenn die Aktie deutlich unter dem Niveau vor der Finanzkrise notiere.

Potenzial bei Agrana

Im Industriebereich ist für Wögerbauer der Faserhersteller Lenzing bei einem Kurs von unter 100 € „sehr attraktiv“. Bei Palfinger stelle zwar das Vorstandsthema (Rücktritt von CEO Herbert Ortner, Anm.) ein Risiko dar, das Produkt sei aber „sehr gut“. Auf den ersten Blick attraktive Unternehmen wie Wolford oder Zumtobel sehe man dagegen sehr kritisch bei der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft. „Da gibt es viel Restrukturierungsarbeit“, so Wögerbauer. Interessanter wären Unternehmen, die nachhaltig liefern – wie etwa Mayr-Melnhof. Aber auch die „unterschätzte“ Agrana, deren Potenzial auf Sicht der kommenden drei bis vier Jahre über dem Aktienkurs liege.

Autor: Patrick Baldia  (redaktion@boersen-kurier.at)