Gute Position am Markt und an den Börsen

Nach dem First Annual General Meeting der jungen RHI Magnesita N.V. in Amsterdam sprach der Börsen-Kurier mit Chairman of the Board Herbert Cordt und CEO Stefan Borgas.

Bei der ersten Hauptversammlung des Feuerfestkonzerns RHI Magnesita N.V. nach der österreichisch-brasilianischen Fusion (ð BK24/Seite 7) war es auffällig – zumindest aus Sicht österreichischer Teilnehmer, die große gefüllte Säle mit hunderten Aktionären und zahlreiche (kritische) Fragen an das Podium gewöhnt sind: Ein relativ kleiner Saal im Hilton Amsterdam Airport Schiphol mit einer überschaubaren Teilnehmerzahl – und keine Fragen zu den Reports von CEO und CFO. Im anschließenden Exklusivgespräch mit dem Börsen-Kurier (für das sich Chairman Herbert Cordt und CEO Stefan Borgas Zeit nehmen konnten, weil auch die 24 (!) Abstimmungen straff über die Bühne gingen) erklärten die beiden dies damit, dass ein großer Teil der Aktionäre sich schon vorab ausreichend informiert fühlte und abgestimmt hatte. Laut Cordt hatten rund ein Drittel der Stimmen schon vor der HV gevotet. Und zwar maßgeblich auf Basis des Empfehlungsberichts des internationalen Proxy Advisors ISS. Nach solchen Reports richten sich heutzutage professionelle Fonds und stimmen (schon vor der Präsenz-HV) nach deren Empfehlungen ab. So ein „Proxy Voting“ ist in der UK- und Niederländischen Governance erlaubt. Offensichtlich habe ISS in seinem RHI-Magnesita-Report zur HV grünes Licht zu den Abstimmungspunkten gegeben, das zeigten die hohen Zustimmungsquoten bei den Votings (alle mit mehr als 99 % bis 100 % „Ja“). Proxy Advisor ISS hatte auch schon die Magnesita-Übernahme im Juni/Juli 2017 bewertet.

Austriacum

Was das Arbeitnehmervertretungsrecht betrifft, so gelte bei internationalen Fusionen das strengere. Und so habe man das österreichische Recht (also ein Drittel Arbeitnehmervertreter im Board) nach Holland „mitgenommen“. Die Board members aus UK seien am Anfang darob zwar skeptisch-kritisch gewesen, aber hätten inzwischen gesehen, dass die Betriebsräte konstruktiv agieren.

Mit dem Listing an der London Stock Exchange sei man „viel näher an den Investoren dran“. Mehr Anrufe verlangen permanente Präsenz, daher sei das IR-Office in London. Dort sei einfach die „Fire Power“ größer, was die Zahl der gehandelten Aktien betrifft. Dazu trage die vermehrte Visibilität bei, sodass sich das Handelsvolumen in der Aktie seit Oktober/November (dem IPO an der LSE) vervierfacht habe – ohne dass das Handelsvolumen der Aktie an der Wiener Börse (im „Global Market“) zurückgegangen ist. Und das bei einem relativ großen Kernaktionariat von 45 %, das nicht zum Handel steht. Die schöne Kursperformance seit 2017 hätten fast alle Kleinaktionäre mitgemacht.

Den dräuenden „Brexit“ sieht Cordt gelassen: Bisher sehe man an der London Stock Exchange keinen Negativeffekt. Die dortigen Kapitalflüsse und die Liquidität seien weiterhin die höchsten in Europa. Daher nütze RHI Magnesita die Vorteile, die das Londoner Listing biete und sehe keine Anzeichen,
dass sich das ändert.

Marktpotenziale

Großes Marktpotenzial sehen Cordt und Borgas (trotz strenger Auflagen der dortigen Regierung) in China. Denn man habe dort erst einen Marktanteil von rund 3 %. So wird das ganze China-Team zusammengeführt und umgebaut. Auch die Dolomit-Mine in China, die Magnesita gehörte und geschlossen war, werde wieder in Betrieb genommen. Auch Russland sei ein großer Stahlmarkt mit den größten Magnesit-Reserven. Aber China bleibe „erste Priorität“. Was künftige Akquisitionen betrifft, so gebe es ein paar Feuerfesthersteller in Nordamerika, Fernost und Russland – aber nur „wenn beide Seiten wollen“. Wenn man den RHI-Magnesita-Merger weiter so wie gewünscht hinbekomme, habe man „hohe Glaubwürdigkeit bei Investoren und ein Plus“ bei möglichen Akquisitionskandidaten.

Autor: Mag. Manfred Kainz (redaktion@boersen-kurier.at)