Chancen mit arabischen Aktien

Die Börsen vieler arabischer Länder sind seit Jahresbeginn stark unterwegs. Dahinter steht für Experten vor allem eines: die Aufnahme Saudi-Arabiens in den MSCI EM Index.

Gleich vorweg: das geopolitische Umfeld in der Region Naher Osten Nordafrika (MENA) bleibt – gelinde gesagt – herausfordernd. So ist etwa das im vergangenen Juli von Saudi-Arabien, den VAE, Bahrein und Ägypten verhängte Embargo gegen Katar weiter aufrecht. Auch stehen die Kriege im Jemen und in Syrien keineswegs vor dem Ende. Für reichlich Unruhe sorgt derzeit auch die Wiedereinführung der US-Sanktionen gegen den Iran.

Erfolgreiche Reformen

Die Börsen der Region zeigen sich von all dem kaum beeindruckt. In Saudi-Arabien und Abu Dhabi stehen die Leitindizes seit Jahresbeginn mit 9,88 bzw. 9,30 % im Plus. Der Qatar Exchange Index ist wiederum um 12,63 % gestiegen. Der aktuelle Performance-Champion der Region – und Top-Performer auf globaler Ebene – ist allerdings der tunesische Tunindex, der seit Anfang Jänner um nicht weniger als 32,79 % zugelegt hat.

„Die Kapitalmärkte in den Ländern des Golfkooperationsrats (GCC) entwickeln sich vor dem Hintergrund einer im Zuge des Ölpreisverfalls neu gewichteten staatlichen Ausgabenpolitik schneller als viele Beobachter erwarteten“, so Bassel Khatoun und Salah Shamma von Franklin Templeton Emerging Markets Equity. Das sei vor allem dadurch bedingt, dass die politische Antwort auf die Entwicklung der Ölpreise zielgerichtet und effizient war.

Laut Khatoun und Shamma sei der Ölpreis-Kollaps 2014 für die GCC-Regierungen ein ernster Weckruf gewesen, um sich mit ihrer starken Abhängigkeit von hohen Ölpreisen zu befassen, Einnahmen aus Nicht-Ölsektoren zu erzielen und ausufernde Kosten zu senken. „Wir beobachten nach wie vor, dass die Regierungen diese Reformprogramme beibehalten und umsetzen, um ihre Volkswirtschaften auf ein nachhaltigeres Fundament zu stellen.“

Positiv stimmt Khatoun und Shamma neben der Stabilisierung des Ölpreises aber vor allem die Aufnahme Saudi-Arabiens in den MSCI Emerging Market (EM) Index, die in zwei Phasen im Mai und August 2019 stattfinden wird. Dies dürfte nicht nur den Kapitalmarkt des Königreichs grundlegend verändern, sondern sich auch positiv auf die gesamte MENA-Region auswirken.

Die Aufnahme Saudi-Arabiens in den MSCI EM Index sollte dazu beitragen, die für viele Beobachter seit längerem bestehende Diskrepanz zwischen dem BIP-Beitrag der Region und ihrer Vertretung in internationalen Aktienindizes zu beseitigen. Derzeit macht die MENA-Region – konkret: VAE, Katar und Ägypten – lediglich 1,56 % des Index aus. Der anfängliche Anteil Saudi-Arabiens von 2,6 % könnte mit dem anstehenden Börsegang des staatlichen Ölunternehmens Saudi Aramco auf mehr als 4 % ansteigen.

Vor allem der Anteil internationaler Investoren an der Börse in Riad sollte mit der Indexaufnahme zunehmen. Mit 1,8 % ist dieser im Vergleich zu Ländern wie Dubai (14,3 %), Abu Dhabi (13,8 %) oder Katar (9,2 %) noch gering. Für Khatoun und Shamma könnte die Indexaufnahme für Saudi-Arabien einen zusätzlichen Zufluss ausländischen Kapitals von 40 MrdUSD bedeuten.

Für Experten steht Saudi-Arabien aber erst am Beginn einer langfristigen Erweiterung und Vertiefung des Aktienmarktes: So plant die saudische Regierung die Anzahl der gelis­teten Unternehmen bis 2022 von 180 auf 250 zu erhöhen. Vorsicht ist für Khatoun und Shamma dennoch weiterhin angebracht. „Jeglicher Anstieg der geopolitischen Spannungen muss genau im Auge behalten werden, da eine ungünstige Entwicklung die Zuversicht der Anleger dämpfen könnte.“

Autor: Mag. Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)