Schieflage bei der Adler Group

Das SDax-Unternehmen befindet sich nach falschen Immobilienbewertungen in Turbulenzen.

Stefan Riedel, München. Kein Testat der Wirtschaftsprüfer, Milliardenverluste und ein Kurseinbruch um mehr als 50 % – beim Immobilienkonzern Adler Group (ISIN: LU1250154413) brennt die Hütte. Hintergrund ist die Weigerung des Wirtschaftsprüfers KPMG, nach Abschluss der Sonderuntersuchung das Testat für den Geschäftsbericht 2021 zu erteilen. Grund dafür war der Widerstand des Adler-Managements, den E-Mail-Verkehr und andere Informationen herauszugeben, aus denen beurteilt werden könne, inwieweit Adler Geschäftsvorfälle mit nahestehenden Personen getätigt habe.

Den Fall ausgelöst hatten im Oktober 2021 die Betrugsvorwürfe der britischen Investmentfirma Viceroy, die Bilanz durch eine übertriebene Bewertung von Immobilienprojekten künstlich aufgebläht zu haben. Hinter Viceroy steht der Leerverkäufer Fraser Perring, der mit Veröffentlichungen auch den Fall Wirecard mit ins Rollen gebracht hatte. Erste Finanzexperten sehen bereits Parallelen zum Betrugsskandal des Zahlungsabwicklers Wirecard vor zwei Jahren. Wie bei Wirecard stehen die Wirtschaftsprüfer in der Kritik. Und wie bei Wirecard ist Transparenz auch für die Verantwortlichen bei Adler ein Fremdwort. Allerdings geht es hier bislang vor allem um zu optimistische Immobilienbewertungen und nicht um fingierte Umsätze.

Was bedeutet das für Anleger?
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) kritisiert die fehlerhafte Kommunikation des Unternehmens mit dem Kapitalmarkt zu den Wertanpassungen des Immobilienportfolios. „Anleger sollten die Aktie nicht behalten, um künftige Schadensersatzansprüche geltend zu machen“, empfiehlt der DSW-Pressesprecher gegenüber dem Börsen-Kurier. Unabhängig davon, ob sich nach den Untersuchungen durch die Bafin der Vorwurf der Bilanzmanipulation bestätige, sollten jetzt Buchverluste realisiert werden. „Für mögliche Klagen sollten Anleger die Depotauszüge aufheben, die den Zeitpunkt Wertpapierverkauf dokumentieren.“

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) wirft dem inzwischen zurückgetretenen Verwaltungsrat vor, die Vorfälle mit dem Verweis auf den Wert der Bestandsimmobilien herunterzuspielen. Um mögliche Schadensersatzansprüche prüfen zu lassen hat die SdK eine rechtliche Prüfung in Auftrag gegeben. Alle interessierten Anleger können sich unter www.sdk.org/adler in einen kostenlosen Newsletter über den aktuellen Verlauf des Verfahrens informieren.

Auch die jüngste charttechnische Gegenbewegung, hervorgerufen durch spekulative Käufe, täuscht nicht darüber hinweg, dass Adler vor stürmischen Zeiten steht. Dementsprechend groß ist die Gefahr, dass die Aktie ihren Sturzflug fortsetzt. Wie überhaupt Immobilienaktien seit Jahresanfang unter Druck stehen. Trotz dem weiterhin knappen Wohnangebot bei ungebrochen hoher Nachfrage stellt sich die Frage, inwieweit die hohen Bewertungen bei den sich verteuernden Baufinanzierungen noch gerechtfertigt sind.

Symbolbild: AdobeStock / seen