Hunger nach Rendite
Die Lebensmittelbranche bietet viele Chancen.
Harald Kolerus. In den vergangenen Wochen und Monaten häuften sich positive Analysen zu Investments in den Ernährungssektor. Hat das nur mit dem „trendigen“ Thema Veganismus zu tun? Mitnichten. Denn die Entwicklung ist logisch: Um eine global schnell wachsende Bevölkerung zu versorgen, muss mehr Essen auf den Tisch kommen – und das bei begrenzten Ressourcen. Weiters hat Corona die Anfälligkeit des globalen Lebensmittelsystems deutlich gemacht, der Krieg in der Ukraine verschärft die Problematik. Zu schlechter Letzt stößt der Klimawandel hinzu, der den Anbau erschwert.
Multi-Billionen-Markt
Die Zahlen, die hinter der Ernährungs-Thematik stehen, sind enorm: Allein der weltweite Fleischmarkt wird aktuell auf 2 BioUSD geschätzt. Dabei verschlingen Weideflächen und der Futtermittelanbau gewaltige Ressourcen. Alternativen werden dringend gesucht. In einem Kommentar von Conor Walsh, Lead Portfolio-Manager bei Lombard Odier, heißt es: „Der Übergang zu neuen Lebensmittelsystemen wird bestehende Gewinnquellen zerstören und neue schaffen. Es wird erwartet, dass der daraus resultierende Markt bis 2030 weltweit jährliche Einnahmen von 1,5 BioUSD generieren wird.“
Wobei einige Lösungsansätze durchaus problematisch erscheinen: Der Einsatz von „Grüner Gentechnik“ oder die Produktion von „Kunstfleisch“ aus der Retorte verdirbt vielen Konsumenten sowie auch Investoren den Appetit. Es geht aber auch anders. Ignace de Coene, Fondsmanager bei DPAM, in einer Analyse: „Der Vorstoß in Richtung Nachhaltigkeit hat in den vergangenen zehn Jahren zu spannenden Entwicklungen geführt, ausgelöst durch technologische Innovationen. Ein Beispiel ist die seit kurzem angewandte Präzisionslandwirtschaft.“ Dank dieser Technologie können Farmer mittels GPS bei Bepflanzung, Bewässerung und Düngung präziser sein. „Das führt zu einem geringeren Wasser- und Düngemitteleinsatz und zu weniger Bodenerosion“, so der Experte.
Breite Palette
Es ist also zu wenig, Investments in den Ernährungssektor auf den veganen Bereich zu reduzieren, auch wenn dieser natürlich wichtig ist. Das betont Florian Berberich, Associate Director DACH bei Rize ETF, im Interview mit dem Börsen-Kurier: „Wir sprechen hier von Lebensmittelsystemen, die sich in Teilsektoren unterteilen lassen: Zum Beispiel Wassertechnologie, Agrarwissenschaften, Lieferketten, Verpackungen oder Präzisionslandwirtschaft. Ich möchte hierbei keinen einzelnen Bereich als Wachstumstreiber hervorheben. Nachhaltigkeit lautet das übergeordnete Thema, denn rund ein Drittel des globalen Treibhausgas-Ausstoßes erfolgt durch den Lebensmittel-Komplex.“
Der Experte findet jedenfalls im breiten Anlageuniversum mannigfaltige Investmentmöglichkeiten, ein Beispiel ist die Schweizer SIG Combibloc (ISIN: CH0435377954): „Das Unternehmen ist auf nach-haltige Verpackungen spezialisiert, ein Markt, der bereits im Jahr 2019 an die 180 Mrd Euro schwer war. Bis 2025 soll er auf 250MrdE anwachsen.“ Der Titel ist im ETF „Rize Sustainable Future of Food“ (IE00BLRPQH3) enthalten, die österreichische Mayr-Melnhof Karton übrigens nicht, da das durchschnittliche Handelsvolumen der Aktie zu klein ist. Aber würde sich das theoretisch ändern, wäre das Unternehmen ein Kandidat für den nachhaltigen Verpackungssektor des ETF.
Aus dem Sektor Präzisionslandwirtschaft erscheint wiederum John Deere interessant: „Das gewachsene Unternehmen mit einer rund 180-jährigen Geschichte geht immer mehr als Marktführer in diesem Bereich hervor. Das Spektrum reicht von Automatisierung und Effizienzsteigerung über Umweltschonung bis zur Emissionsvermeidung“, so Berberich.
ETF-Lösungen
Natürlich ist es schwierig, das komplexe Thema mit ein paar Aktien abzudecken, dafür gibt es ETFs zur breiten Streuung. Z.B.: „Global X Agtech & Food Innovation“ (IE000EBFYWX3) oder „VanEck Sustainable Future of Food“ (IE0005B8WVT6).
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