Versicherungsschutz fürs Homeoffice nachschärfen?

Klare Rollenverteilung der Verantwortlichkeit gefordert. Im Gespräch mit GPA-Juristen Michael Gogola.

Manfred Kainz. Spätestens jetzt mit dem zweiten harten Lockdown scheint es Gewissheit zu sein: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Der dringenden Empfehlung der Bundesregierung, alles, was im Homeoffice machbar ist, auch so zu machen, werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer wohl oder übel Folge leisten.

Im Rahmen des neuen Lockdown-Maßnahmenpaketes wurde für Mitarbeiter im Homeoffice die coronabedingte Sonderbestimmung des Unfallversicherungsschutzes bis Ende März 2021 verlängert. Von Gewerkschaftsseite wünscht man sich indes, dass diese oder eine vergleichbare Sonderregelung im Dauerrecht verankert wird. Begründung: Zwar seien Dienstnehmerarbeitsunfälle zu Hause jetzt geschützt. Aber die Judikatur könnte künftig, in hoffentlich „besseren Tagen“, wieder zur vorherigen Sichtweise, wonach zwischen überwiegend betrieblich und überwiegend privat genutzten Räumen unterschieden werden müsse, zurückkehren, warnt Michael Gogola, Jurist in der Grundlagenabteilung der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Und da haben die Arbeitnehmer die Beweislast bei Unfällen zu Hause. Denn grundsätzlich gilt: Ein Unfall gilt dann als Arbeitsunfall, wenn er in ursächlichem, zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit steht. Zu Hause verschwimmen die Grenzen zwischen betrieblich und privat; besonders die örtliche Abgrenzung ist schwierig. Die „rechtliche Würdigung“ im Einzelfall nimmt die AUVA vor und die war schon in guten Zeiten streng.

Entgrenztes Arbeiten
Die Frage Versicherungsschutz ja oder nein hat aber noch eine andere Dimension: das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz. Was, wenn der Mitarbeiter den Laptop des Dienstgebers kaputt macht? Wer kommt für den Schaden auf? Zu Hause ist die „Risikosphäre“ anders als im Betrieb. Auch da müsse nachgeschärft werden, fordert GPA-Experte Gogola. Arbeitgeber sollen verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung auf Betriebsmittel wie Laptops abzuschließen und bei Schäden nicht auf Dritte, also auf die Homeworker zuzugreifen. Es brauche eine „klare Rollenverteilung der Verantwortlichkeit“ statt einer schleichenden Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos und der Kosten zu den Arbeitnehmern. Weil die Gefahr eines Informationsdefizits besonders auf der Dienstnehmerseite bestehe, sollen auf betrieblicher Ebene Bedingungen als gemeinsame Standards vereinbart werden, so die GPA. Und idealerweise sollte der gesetzliche Schutz für die „entgrenzte Form des Arbeitens“ ausgeweitet werden. Für die Absicherung bei Arbeitsunfällen genauso wie zur Frage: Wie kann „der Gesundheitsschutz am Küchentisch“ gewährleistet sein? Schließlich behaupten Chefs ja, dass die Produktivität ihrer Mitarbeiter im Homeoffice meist größer sei.

Arbeitnehmersicht
Dass das Thema virulent ist und bleibt, zeigt eine repräsentative Umfrage unter Beschäftigten zum Thema zeit- und ortsungebundenes Arbeiten (Homeoffice), durchgeführt vom IFES – Institut für empirische Sozialforschung im Auftrag der Arbeiterkammer im ersten Lockdown im April. Schon damals waren 42 % der Arbeitnehmer im Homeoffice. 70 % gaben an, dass sie auch nach der Corona-Krise öfter im Homeoffice arbeiten möchten. Unter den Regelungen zu Homeoffice mit dem Arbeitgeber nannten aber nur 13 % eine zusätzliche Unfallversicherung für das Homeoffice. Zwei Drittel (65 %) verneinten, dass eine solche bestehe und 22 % wussten es nicht. 45 % gaben an, dass es eine zusätzliche Unfallversicherung für das Homeoffice bereits vor der Corona-Krise gab, 35 % sagten, dass sie erst für die Corona-Krise aufgesetzt worden sei. Und 54 % antworteten, dass die neu eingeführten Regelungen mit dem Arbeitgeber zum Homeoffice auf die Dauer der Corona-Krise beschränkt seien und dann ablaufen. Nur 17 % glaubten, dass die Regelungen voraussichtlich auch nach der Corona-Krise bestehen bleiben würden.

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