Strabag: Streubesitz-Befreiungsschlag?

Mehr Freefloat würde dem Unternehmen und der Aktie gut tun.

Florian Beckermann. Florian Beckermann. Bei Strabag-Aktionären herrscht Jubelstimmung: Die Aktie auf Allzeithoch. Um 70 Euro je Aktie wurde für den Baukonzern kürzlich an der Wiener Börse bezahlt. Ein Wert, der noch vor wenigen Monaten utopisch erschien. Kausal, ist nicht nur das gigantische Infrastrukturpaket Deutschlands, sondern auch gemachte Hausaufgaben. Zeit, die Streubesitz-Phobie abzulegen und mehr Anleger zu gewinnen.

Der Kurs: Kurz nach dem IPO im Jahr 2006 erreichte die Strabag knapp über 50 Euro. Um sehr bald danach diese Zone für viele Jahre nicht mehr wieder zu sehen. Die Finanzkrise schlug vollständig zu. Dabei fehlte nicht das Projektkapital, man quälte sich – ein Margenkampf. Aktionären ist noch Ex-CEO Thomas Birtel in Erinnerung, der mit ruhiger Hand die 3-%ige Ebit-Marge predigte, um sie nach Jahren zu erreichen. Der Kurs steckte zuletzt um die 40 Euro fest. Heute sprechen wir von realistischer 5-%iger Ebit-Marge. Man sollte nicht vergessen, dass der Konzern mit über 70.000 Beschäftigten ein „Tanker“ ist, der auf schnelle Lenkbewegungen wenig reagiert. Der kürzlich so tragisch verstorbene CEO Klemens Haselsteiner setzte den Kurs in die Zukunft: Digitalisierung, pragmatische Nachhaltigkeit und Margenwachstum prägten seine Zeit. Heute präsentiert sich die Strabag so aufgestellt, dass das deutsche Wachstumspaket beim Branchenführer mit ca. 5 % Marktanteil (Tendenz steigend), zusätzlich zum ohnehin guten Wachstum, ein zusätzliches Drittel an Marktkapitalisierung beschert. Das Glück bevorzugt den Vorbereiteten. Ein Nachfragehoch, das auf wenig verkaufswillige Aktionäre trifft.

Die Eigentümer: Die „Beziehung“ des Syndikats der Haselsteiner-Privatstiftung, Vehikel der Raiffeisen Niederösterreich-Wien & Uniqa und der Rasperia Trading MKAO, die dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska zugerechnet wird, ist dramatisch. Grob umschrieben: Entstanden aus viel Ost-Fantasie, blieb zeitweise nur noch die Dividendenkontinuität der Eheklebstoff. Dem Streubesitz mit etwas über 10 % war die Beiwagerlrolle zugedacht, obwohl dem Unternehmen schon seit 2014 (mit den ersten Sanktionen gegen Deripaska) ein größerer Streubesitz gut getan hätte. Doch blieb das Syndikat selbst nach Rauswurfs Deripaskas bis heute. Angesichts der Kapitalunterlegungspflichten für derart Industriebeteiligungen bei Finanzinstituten fast ein Unikum.

Die Erweiterung: In den Planspielen von Börsenexperten geisterte eine Vergrößerung des Streubesitzes längst herum. Der geringe Freefloat war vielen institutionellen Investoren trotz interessanter Geschäftslage schlicht zu dünn, warum nicht ändern? Sodenn stellt sich die Frage, ob mit einer sanktionsbedingten Lösung der Rasperia Beteiligung eine Möglichkeit entsteht, den Streubesitz zu erhöhen. Strategisch interessant ist es ohnehin. Der wirtschaftliche Erfolg hängt jedoch auch an der Glaubwürdigkeit der Equity-Story für den Streubesitz. Diese braucht jedenfalls noch ein Update für diese Strategie. Zusätzlich scheint es sinnvoll eine Platzierung in Deutschland anzustreben – der stärkste Markt für die Strabag.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger