Developer stehen am Anfang der Kette
UBM-CEO Winkler: Wohnbaukrise beendet, es gibt aber zu wenige Immobilienentwickler.
Marius Perger. „Die Krise im Wohnbau ist aus meiner Sicht in der Tat vorbei“, sagt Thomas Winkler (im Bild links), CEO der UBM Development AG, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Dies sei auch mit Zahlen belegbar: UBM habe zuletzt den Verkauf vervierfacht und in Wien mit rund 700 Einheiten so viele Neubauwohnungen am Start wie kein anderer Anbieter. Und der Trend gehe ungebrochen weiter, zeigt sich Winkler zuversichtlich. Auffällig sei, dass die jetzigen Käufer weit überwiegend Eigennutzer sind, die mit einer bestehenden Finanzierung kommen; nur ein verschwindend kleiner Teil von ihnen habe Probleme bei der Bankfinanzierung. Auch interessant: „Größere Wohnungen werden derzeit zuerst verkauft.“ Gründe für die Aufbruchsstimmung ortet der UBM-CEO im Auslaufen der KIM-Verordnung und den gesunkenen Zinsen. Aber auch Bedenken, dass die Preise nicht mehr sinken werden, Inflation und andere Sorgen seien stark genug, dass die Menschen jetzt Wohnungen kaufen. Das Phänomen sei auch nicht auf Wien beschränkt. Bester Markt für UBM sei, trotz der höheren Zinsen, derzeit Prag.
UBM setzt dabei zunehmend, wie beispielsweise beim Leopoldquartier in Wien, auf Holz-Hybrid-Bauweise. „Wenn Holz richtig behandelt wird, ist es auf keinen Fall ein Baumaterial, das Nachteile aufweist“, so Winkler. Das würden mittlerweile auch die Versicherungen verstehen. Es gebe keine geringere Bereitschaft, Gebäude in Holz-Bauweise zu versichern, und auch keine höheren Prämien. Rückfragen von Versicherern, insbesondere was Brandschutz und Lebensdauer betrifft, können alle beantwortet werden. Es gebe zwar Erklärungsbedarf, der Höhepunkt sei hier aber auch bereits überschritten.
Developer unverzichtbar
Insgesamt sei die Wohnbaukrise beendet, die Baugenehmigungen würden aber „in atemberaubendem Tempo“ sinken – den Grund dafür sieht Winkler darin, dass es hier-zulande immer weniger Developer und damit zu wenig Angebot gebe. Niemand habe begriffen, dass der Developer am Anfang der „Nahrungs-Kette“ steht. Immobilienentwickler würden Dienstleistungen erbringen, die im Leben eines Normalbürgers nicht vorkommen: von der Einholung von Genehmigungen über die Paketvergabe von Aufträgen, Koordinierung und Finanzierung bis zur Vermarktung. Baufirmen dagegen bauen – sie ergreifen nicht die Projektinitiative, weil es sich hier um einen intern schwer aufzulösenden, natürlichen Interessenkonflikt handelt. Es sei wichtig, die Profit Center getrennt zu halten, die Zukunft sieht Winkler in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Baufirmen.
Büromarkt noch mit Herausforderungen
Der Büromarkt dagegen sei „noch nicht dort, wo wir ihn gern sehen wollen“, so Winkler. Zwar steige die Nachfrage, weil Unternehmer ihre Mitarbeiter wieder ins Büro bekommen wollen. Dazu gebe es immer weniger Neubaubüros, die am besten die Anforderungen an die neue Arbeitswelt erfüllen. Problematisch sei aber, dass derzeit kein vernünftiger Verkaufspreis zu erzielen sei: Die Käufer seien noch nicht bereit, so viel zu zahlen, wie die Verkäufer es brauchen, um zumindest ihre Investitionen zurückzubekommen. „Wer verkaufen muss, verkauft zu einem nicht kostendeckenden Preis“, so Winkler. Notwendig sei es derzeit deshalb, für jedes Gebäude einen „Plan B“ zu haben. Es gehe darum, Ideen zu entwickeln, wie man diesen Zeitraum übersteht, und finanziell über einen langen Atem zu verfügen. Für UBM stehe deshalb Liquidität weiterhin im Mittelpunkt.
In diesem Zusammenhang sei auch die jüngste Begebung einer Hybridanleihe – der ersten grünen Hybridanleihe von UBM übrigens – zu sehen. Denn Hybridkapital gelte nach IFRS als Eigenkapital, und es sei für die Zukunft entscheidend, über wieviel Eigenkapital man verfügt. Dieses bestimme die Bilanzgröße und damit auch das Projektvolumen: „Wenn wir nicht 30 bis 35 % Eigenkapital haben, sinkt unser Projektvolumen.“ Das Ziel für eine stabile Eigenkapitalbasis habe man jedenfalls jetzt erreicht.
Nachhaltigkeit und mehr
Nachhaltigkeit ist in Europa ohne Alternative, ist Winkler überzeugt. Zu den Gründen dafür zählen die hohen Kosten für den Import von Öl und Gas, dass sich der europäische Kontinent am schnellsten von allen Erdteilen erwärmt und dass die Klimaziele der EU für 2050 weiterhin aufrecht sind. Fazit: „Wir können uns die Folgen des vom Menschen beschleunigten Klimawandels nicht leisten.“ Allerdings sei in vielen Bereichen in der Vergangenheit übertrieben worden, die „inakzeptable Bürokratie“ überfordere Unternehmen.
Das betreffe den gesamten Bereich ESG, insbesondere aber die Lieferkettenthematik. Winkler: „Es ist nicht Aufgabe eines Unternehmens, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen.“ Es handle sich um eine „zutiefst hoheitliche Aufgabe“, weshalb eine Korrektur nötig sei.
Foto: UBM