Herausforderungen für Automobilzulieferer

Die heimischen Automobilzulieferer sehen sich mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Zumindest die Börsenotierten geben sich fit für die Zukunft.

Die Aussichten für die globale Automobilzulieferindustrie sind alles andere als schlecht: Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company („Automotive suppliers: Opportunities prevail, but introduce new challenges as well“) soll sich das globale Marktvolumen der Branche bis 2020 auf 2 Bio. Euro verdoppeln. Dahinter stünden das anhaltende Wachstum in Asien, die verstärkte Nachfrage nach kleineren Fahrzeugen, ein expansiver Ersatzteilmarkt sowie neue Technologien. Für die Industrie gelte es, ihre Strategien an das veränderte Umfeld anzupassen um langfristig erfolgreich zu sein.


Trotz der mittelfristig positiven Aussichten sehen sich die Branchenplayer – nach den schwierigen Jahren infolge der Finanz- und Wirtschafskrise – mit den Herausforderungen des fortlaufenden Strukturwandels konfrontiert. Laut einer zweiten Studie, die vom Industriewissenschaftlichen Institut im Auftrag der heimischen ARGE Automotive Zulieferindustrie durchgeführt wurde, gehören dazu die Globalisierung, der Trend zur Nachhaltigkeit und die damit verbundenen Veränderungen im Konsumentenverhalten sowie der demographische Wandel.

Steigender Kostendruck
Die angeführten Herausforderungen werden nach Ansicht der Studienautoren unter anderem von steigenden technologischen und innovatorischen Ansprüchen, höchsten Qualitätsstandards, geografischen Verlagerungen von OEM-Geschäftsaktivitäten weg von westlichen Kernmärkten, steigendem Kosten- und Wettbewerbsdruck, der Zunahme von Verantwortung bzw. Risiko, der Unberechenbarkeit von Rohstoff- und Materialpreisen, kürzer werdenden Produktzyklen sowie logistischen Anforderungen flankiert. All diese Effekte würden in einem interdependenten, sich gegenseitig beeinflussenden Verhältnis zueinander stehen, heißt es.

Die Bedeutung der automotiven Zulieferindustrie für die österreichische Volkswirtschaft sollte jedenfalls außer Frage stehen. Laut der ARGE Automotive Zulieferindustrie erwirtschafteten die automotiven Zulieferbetriebe im Vorjahr einen Produktionswert von 20,7 Mrd. Euro und generierten 6,1 Mrd. Euro an Wertschöpfung. Damit nicht genug: Österreichweit arbeiten nicht weniger als 72.500 Menschen in einschlägigen Unternehmen.

„Zwei bestimmende Themen in der Automobilindustrie sind derzeit der Leichtbau und die Abgasreduktion“, sagt Franz Hörl, Analyst bei der Erste Group. Er verweist darauf, dass es Initiativen zur Abgas- bzw. zur Spritreduktion nicht nur in der Europäischen Union gibt – auch in den USA werden die Vorschreibungen strenger. Diese Entwicklung treibe die Substitution von Stahl und schweren Materialien durch leichtere wie Aluminium und Plastic & Composites, wovon in Österreich die börsenotierten Zulieferer AMAG und Polytec profitieren würden.

Neue Stahltypen
Aber auch die Stahlerzeuger würden versuchen, den neuen Gegebenheiten zu entsprechen, wie die Entwicklung neuer Stahltypen, die fester, dünner und leichter formbar wären. „Dadurch wird weniger Material benötigt“, erklärt der Experte, der darauf hinweist, dass die voestalpine derzeit in acht Werken mit phs-ultraform einen sehr hochwertigen Stahl produziert, der diese Charakteristiken aufweist. Positiv schätze er zudem ein, dass das Unternehmen kürzlich bekanntgegeben hat, dass es die nächste Generation phs-directform zur Serienreife entwickelt hat.

Das Exposure gegenüber dem Automotive-Bereich liegt beim heimischen Stahlkonzern jedenfalls bei rund einem Drittel. Dass der technologische Vorsprung gegenüber der Konkurrenz in den letzten Jahren weiter gestiegen ist, führt Hörl darauf zurück, dass die voestalpine die Investitionen und F&E-Ausgaben auch in den Krisenjahren zwischen 2007 und 2010 hoch gehalten hat. Das zeigt letztlich auch, dass das Unternehmen – was die Unternehmenskultur und -philosophie betreffe – einen langfristigen Zugang verfolgt.

AMAG
Bei der AMAG schätzt Hörl das Exposure gegenüber der Automobilindustrie auf etwas mehr als ein Viertel ein. „Die AMAG liefert wenige verarbeitete Teile aber Vormaterialien an die Automobilindustrie bzw. an Zulieferer und Unternehmen, die Teile für die Automobilindustrie herstellen“, so der Erste Group-Analyst. Den Großteil der Profite macht das Unternehmen mit Legierungen und Walzprodukten und nicht mit der Produktion von Primäraluminium, was die angenehme Folge hat, dass die Ergebnisse der letzten Jahre weniger von den niedrigen Aluminiumpreisen beeinflusst waren. 

Polytec
Das mit Abstand größte Exposure gegenüber der Automobilindustrie unter den heimischen Zulieferern, die im ATX bzw. im Prime Market notieren, hat die Polytec. Ein reiner Automobilzulieferer ist das oberösterreichische Unternehmen freilich auch nicht, denn auch Non-Automotive und Nutzfahrzeuge sind bedeutende Divisionen. Insgesamt beläuft sich das reine Auto-Exposure auf rund 66 %. Hörl gefällt, nach eigenen Angaben, dass die Polytec zuletzt gegenüber 2013 und 2014 starke Ergebnisanstiege erzielen konnte, was vor allem auf den Zukauf des Geschäftsbereichs Plastic Solutions (von der voestalpine, Anm.) sowie des von der Huemer Holding gehaltenen Immobilienportfolios zurückzuführen sei.

Nach Einschätzung des Erste Group-Analysten sollte die Polytec in den kommenden Jahren jedenfalls stärker wachsen als der Markt. Dahinter stehe die starke Pipeline an neuen Produkten – auch wenn neue Produkte und Produktionsabläufe immer mit gewissen Risiken verbunden wären. Wie der Börsen-Kurier in der letzten Ausgabe berichte, konnte die Polytec Umsatz und Ergebnis im ersten Halbjahr 2016 deutlich steigern. Positiv: Bei positiver Geschäftsentwicklung aller Großkunden werde für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum und eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse erwartet, so das Unternehmen.

An der Börse konnten die Aktien der genannten Zulieferunternehmen seit Jahresbeginn jedenfalls allesamt zulegen – auch wenn das Plus im Falle Der AMAG mit 0,72 % marginal ausfällt. Besser schaut die Kursentwicklung mit 7,88 bzw. 3,56 % bei voestalpine und Polytec aus. Das Ende der Fahnenstange ist bei beiden Werten nach Einschätzung der Erste Group im Übrigen noch nicht erreicht. Bei der voestalpine wird auf Sicht der nächsten zwölf Monate von einem Kurspotenzial von rund 8 % ausgegangen, bei der Polytec von knapp 20 %. Etwas ernüchternder fällt dagegen der Ausblick für die Entwicklung der AMAG-Aktie aus: Das Kurspotenzial wird mit -1 % beziffert.

Autor: Mag. Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)