Ende der Yen-Rallye und anlegerfreundliche Politik als Chance
Das konjunkturelle Umfeld bleibt schwierig. Doch wer sich auf ausgewählte Sektoren konzentriert, kann Chancen in Japan gut nützen, betont Steve Glod von Banque de Luxembourg Investments.
Manchmal scheint die Zeit tatsächlich stehen geblieben zu sein. Zumindest, wenn es um Japans volkswirtschaftliche Entwicklung geht. Darauf wirft etwa Stephan Klocker, CIO der SemperConstantia Privatbank, einen Blick: „Das bescheidene Wachstum setzte sich mit einem annualisierten BIP-Wachstum von 0,7 % gegenüber dem Vorquartal fort.“ Eine nennenswerte Belebung der Konjunkturaussichten ist vorerst aber nicht absehbar, die schrittweise Aufwertung des Yen gegenüber dem Euro sowie dem US-Dollar hat zudem die Exportwirtschaft belastet.
Ob nun eine allfällige erneute Lockerung der Geldpolitik nachhaltige Konjunkturimpulse setzen kann, „bleibt fraglich, da die letzten Maßnahmen schon nach einigen Monaten verpufft waren“. Auch der fiskalische Spielraum bleibt begrenzt, denn die aktuelle Neuverschuldung liegt bei 6 % des BIP, die Staatsschuldenquote bei 250 % des BIP.
Demographie ausschlaggebend
Auch wenn die Ausgangslage im ersten Moment ein wenig abschreckend wirken mag, bietet die Börse Nippons dennoch interessante Investmentchancen. Davon ist Steve Glod, Fondsmanager des BL-Equities Japan (ISIN: LU0578148453) von Banque de Luxembourg Investments (BLI) überzeugt, und holt dazu ein wenig aus: „Japans Bevölkerung schrumpft und wird zudem immer älter. Damit gibt es auch zunehmend weniger Arbeitskräfte.“ Das sollte das Umfeld für gute Unternehmen verbessern – während schlecht geführte Konzerne sich immer schwerer tun dürften. Denn gesunde Unternehmen würden geschickt auf Effizienzsteigerungen setzen und qualifiziertes Personal aus einem schrumpfenden Arbeitspool anlocken.
Mehr Dividenden
Doch es gibt noch ein weiteres wesentliches Thema, nämlich jenes des Corporate Governance. Dabei geht es um den Umgang der Unternehmen mit ihren Aktionären. „Dabei wird Corporate Governance immer wichtiger für Japans Unternehmen“, ist Glod zuversichtlich. Als Beispiel nennt er die Besetzung der Aufsichtsräte, diese würden zunehmend mit externen Mitgliedern besetzt. Auch die Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen nehmen zu, denn Japans Unternehmen sitzen auf einer Rekordmenge an Cash.
Zudem haben Pensionskassen in den vergangenen Jahren ihre Aktienquote von durchschnittlich 15 auf 30 % erhöht. Und selbst die Regierung trägt dazu bei, der Unternehmenslandschaft unter die Arme zu greifen. So wurden etwa die Unternehmenssteuern gesenkt. Im Fiskaljahr (1. April bis 31. März) 2012 waren es noch effektiv 39,54 %, inzwischen ist der Satz auf knapp unter 30 % gesunken.
Nicht in Bausch und Bogen kaufen
Dennoch sollte man an der Börse selektiv vorgehen, so Glod. Derzeit findet der Experte gefallen etwa an Exportwerten. „Der Yen-Anstieg dürfte bald zu Ende gehen. Eine Trendwende unterstützt die Ausfuhren.“ Davon könnte etwa Shimano (JP3358000002), der Hersteller von Gangschaltungen für Fahrräder profitieren, oder der Windelhersteller Unicharm (JP395160 0000), der vor allem nach Thailand und Indonesien fleißig exportiert. Zudem eröffne die aktuelle Konsolidierungswelle am japanischen Binnenmarkt gute Chancen, etwa im Apothekenbereich. „Es gibt in Japan zu viele Mitspieler.“ „Wir sind derzeit in drei Apothekenketten investiert“, unterstreicht Glod. So zum Beispiel in Ain Holding (JP3105 250009), und zwar schon seit 2011. Auch Robotik ist ein großes Thema für den Fondsmanager. Das Thema decke man mit insgesamt vier Branchenkonzernen ab, etwa mit Fanuc (JP3802400006), einem Hersteller von Industrierobotern. Auch Keyence (JP3236200006) ist Teil des Portfolios. Das Unternehmen liefert Komponenten an Anlagenbauer.
Wenig überzeugt sei man hingegen von der Elektronikbranche, „ein Beispiel für fehlende Innovationskraft. Hier hat Japan den Anschluss verpasst.“
Auch Banken würden derzeit nicht in Frage kommen, die Transparenz sei zu gering, die schwindende Zinsmarge ein großes Problem.
Autor: Mag. Raja Korinek (redaktion@boersen-kurier,at)