Überbrückungsliquidität mit Anteilen bezahlen

Sie sind international schon länger bekannt, und durchdringen nun auch in Österreich den Markt: die sogenannten „Wandeldarlehen“.

Wir kennen den finanzenglischen Fachbegriff „convertibles“ vor allem im Zusammenhang mit „bonds“. Aber auch im Konnex mit Darlehen an Unternehmen ist die Gestaltungsform „convertible“ einsetzbar. Wobei es bei Wandeldarlehen einiges zu beachten gibt.

Was ist überhaupt ein Wandeldarlehen? Bei Wandeldar-lehen gibt der Darlehensgeber dem Unternehmen, der Gesellschaft, ein fest verzinstes Darlehen. Und unter den in dem Vertrag zwischen der beiden Parteien definierten Voraussetzungen wird der Darlehensbetrag „gewandelt“ und der Darlehensgeber erwirbt – statt einem Anspruch auf Rückzahlung – Anteile an dem Unternehmen/der Gesellschaft, erklärt Wirtschaftsanwalt Martin Wiedenbauer von der WMWP Rechtsanwälte GmbH.

Mehrere Gründe
Der Einsatz von Wandeldarlehen kann unter mehreren Aspekten bzw. aus mehreren Gründen Sinn haben. Das so zur Verfügung stehende Kapital kann eine „Überbrückungsfunktion“ bis zur nächsten Kapitalerhöhung der Gesellschaft übernehmen. Das Wandeldarlehen bringt dem Unternehmen jedenfalls frische Liquidität, und zwar rasch und ohne Zinszahlungen, dafür mit Zahlung mit Anteilen. Für die Gesellschafter mag außerdem attraktiv sein, dass der Darlehensgeber kein Mitspracherecht im Unternehmen erwirbt. Dafür schafft sich der Darlehensgeber die Möglichkeit des Einstiegs. Er sichert sich die Bewertung oder zumindest die Gleichbehandlung in einer nächsten Finanzierungsrunde. Außerdem: Wenn keine Wandlung erfolgt, hat er einen Rückzahlungsanspruch. Generell gilt: Man kann ein Wandlungsrecht vereinbaren, aber keine Wandlungspflicht.

Viel Vertragliches
Um so ein Darlehen an eine Gesellschaft in Eigenkapital wandeln zu können, braucht
es – so der Gesellschafts- und Kapitalmarkrechtsexperte Roman Hager von WMWP Rechtsanwälte – drei rechtliche Strukturierungsschritte: die Darlehensvereinbarung zwischen Unternehmen und Darlehensgeber, die Zusage der Gesellschafter einen Kapitalerhöhungsbeschluss unter Bezugsrechtsausschluss zu fassen – sowie die Zusage des Darlehensgebers, die Kapitalerhöhung zu übernehmen und dafür auf die Darlehensrückforderung samt Zinsen zu verzichten. Vertraglich zu regeln sind zum einen die Eckpunkte der Verpflichtung der Darlehensbegebung, also der Darlehensbetrag, die Auszahlung der Valuta, die Zinskonditionen (Höhe, Berechnungsmethode und Zinsfälligkeit) und die Rückzahlungsfälligkeit. Zum anderen muss eine „Wandlungsvereinbarung“ vertraglich ausgestaltet werden: Dazu gehört eine „Wandlungsanzeige“ des Darlehensgebers über seinen Forderungsverzicht und die Sacheinlage, die Verpflichtung des Darlehensgebers zur Übernahme der neu ausgegebenen Stammeinlage, die Kriterien für die Wandlung (also der „Trigger Event“ und die Bewertung). Und es braucht die Gesellschaftermitwirkung, also ihr Kapitalerhöhungsbeschluss mit Bezugsrechtsausschluss.

 

Vorsicht
Wiedenbauer und Hager warnen aber auch vor mehreren Risiken bei Wandeldarlehen. Da ist einmal ein mögliches Insolvenzrisiko. Denn wenn die Gesellschaft Fremdverbindlichkeit aufnimmt um damit die laufenden Betriebskosten und/oder die Herstellung von nicht aktivierungsfähigen Vermögenswerten (z.B. Software) zu finanzieren, besteht die Gefahr der Überschuldung. Eine vorbeugende Lösungsmöglichkeit laut den Juristen ist die Vereinbarung einer „qualifizierten Nachrangigkeit“. Die Experten warnen auch vor einer „Verwässerung“: Wenn ein Unternehmen mehrmals Wandeldarlehen bei verschiedenen Darlehensgebern aufnimmt, entsteht für diese ein Verwässerungseffekt. Ein Lösungsweg sei ein Bezugsrecht des „alten“ (ersten) Darlehensgebers bei neuen Wandeldarlehen. Und/oder die Vereinbarung eines fixen Wandlungsanteils. Oder die Fixierung von Zustimmungsrechten für die Darlehensgeber: und zwar für/vor der Aufnahme von neuen Wandlungsdarlehen und bei der Änderung von Kriterien bestehender Wandlungsdarlehen (z.B. Laufzeit, Zinssatz, Trigger Event, Bewertung …)

Achtung vor der FMA
Die Experten warnen weiters davor, nicht in die Falle „Einlagengeschäft“ zu tappen. Denn wenn ein Unternehmen mehrmals Wandeldarlehen bei verschiedenen Darlehensgebern aufnimmt aber dafür dieselben Bedingungen verwendet, besteht die Gefahr, dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) dies als „Einlagengeschäft gemäß §1 Bankwesengesetz“ qualifiziert. Einlagengeschäft erfordert aber eine Bankkonzession, andernfalls droht nach dem BWG ein empfindliche Verwaltungsstrafe. Vorschlag der Juristen zur Vermeindung dieses Risikos: Im Darlehensvertrag eine „Wandlungspflicht“ und/oder Nachrangigkeit festlegen. Denn dann handelt es sich bei dem Darlehen nicht um eine „Einlage“.

Autor: Mag. Manfred Kainz (redaktion@boersen-kurier.at)