Vorsorgen mit Dividendenaktienfonds

Aktien von Unternehmen mit solider Ausschüttungspolitik sind heute ein wertvoller Baustein im Portfolio. Und das hat gleich mehrere Gründe.

Wer sein wohl verdientes Geld in Aktien anlegt, tut dies in der Regel aus einem simplen Grund: Er hofft auf satte Erträge aus dem investierten Kapital. Dass die erzielbare Rendite nicht nur vom potenziellen Gewinnwachstum abhängt, wird dabei gerne übersehen. Auch die Bewertung der einzelnen Anlageklassen verschiebt sich laufend.

Zu diesen beiden Performancetreibern gesellt sich die Dividende – als der vielleicht nachhaltigste Wachstumsindikator.

Mathematik & Disziplin
Wie wenig attraktiv Rentenveranlagungen derzeit sind, bringt Denise Kißner, Investmentspezialistin für aktives Aktienmanagement der Deutsche Asset Management International GmbH, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier auf den Punkt: „Es fehlt auf der Anleiheseite nicht nur der Zins, sondern vor allem der Zinseszinseffekt.“ Also jenes wohltuende Ergebnis einer über Jahre hinweg jeweils wiederveranlagten Coupon-Ausschüttung, das die ursprünglich investierte Summe wie von Zauberhand vermehrt – was beim gegen-wärtigen Zinsniveau rund um die Nulllinie illusorisch geworden ist.

Dividendeninvestments hätten hingegen immer einen besonderen Charme, so Kißner: „Es ist bewiesen, dass langfristig rund die Hälfte des Gesamtertrages aus Aktienveranlagungen aus reinvestierten Ausschüttungen kommt.“ Das ließe sich etwa am deutschen Börsenindex DAX, einem reinen Performanceindex, klar ablesen: „Ohne wieder veranlagten Dividenden steht der DAX heute bei rund 5.800 Punkten, inklusive bei knapp 11.000.“ Dazu kommt, dass die Dividendenrenditen längst die Verzinsung vieler Anleihen übersteigen, wie Paul Varga von Deka Investments vorrechnet: „Die DAX-30-Dividendenrendite liegt bei rund 3,5 %, die 10-jährige deutsche Bundesanleihe dümpelt bei 0 % herum.“

Der Gewinnausschüttung kommt bei Aktienveranlagungen also eine Schlüsselrolle zu. Zu Recht, verrät sie doch einiges über die Unternehmenspolitik, wie Stuart Rhodes, Fondsmanager des M&G Global Dividend Fund, uns gegenüber meint: „Dividenden sind der ultimative Beweis für die Finanzdisziplin eines Unternehmens und dessen uneingeschränktes Bekenntnis zum Shareholder Value.“ Soll heißen: Manager, die auf das Wohl der Aktionäre schauen und sie laufend mit steigenden Gewinnauszahlungen beglücken, schaffen die besten Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum. Aus einem ebenso einfachen wie stichhaltigen Grund: Dividendenausschüttungen sind für sie genauso wichtig wie Investitionen. Und das bedeutet, dass die verfügbaren Barmittel mit Bedacht aufgeteilt werden und nicht geirrlichtert, sondern nur in die vielversprechendsten Projekte investiert wird. Ein derartiges Geschäftsmodell ist die optimale Basis für eine solide Preismacht – und somit eine starke Wettbewerbsposition.

Damit gebe es nachvollziehbares Potenzial sowohl für die Steigerung von Umsatz und Gewinn, als auch der Dividende, was Anleger obendrein vor einer möglichen Inflation schützt, ergänzt Thomas Loszach, Leiter der Österreich-Niederlassung von BlackRock, dem weltweit größten Vermögensverwalter.

In Summe gilt es das Augenmerk weniger auf die Höhe, sondern vor allem auf die Kontinuität und das Wachstum der Dividendenausschüttungen zu legen, wie Christoph Olbrich, Leiter des Aktienfondsmanagements der Bank Gutmann, festhält. Dabei müsse nicht nur die Balance zwischen Wachstumsinvestitionen und Dividendenzahlungen stimmen: „Entscheidend für uns ist, dass beides aus dem erwirtschafteten Free Cashflow und nicht aus der Substanz finanziert wird.“ Wohlgemerkt: aus den verfügbaren Barmitteln und nicht aus dem zuweilen kreativ gestaltbaren Gewinn, wie es bei der Titelselektion von Dividendenaktien Tradition ist.

Chancen & Risiken
Die Dividendenrendite sollte jedenfalls immer in Relation zur Ausschüttungsquote gesetzt werden, wie Natalia Wolfstetter, Direktorin der Fondsanalyse beim unabhängigen Analysehaus Morningstar, betont: „Hohe Auszahlungen können zum einen Kursverluste nicht immer ausgleichen, zum anderen sind sie oft ein Warnsignal für bevorstehende Dividendenkürzungen.“ Speziell dann, wenn die Berechnung irreführend ist, weil sie auf der letzten Ausschüttung und einem mittlerweile stark gefallenen Kurs basiert. Es sei jedenfalls sinnvoll, auf mittelhohe Renditen bis zu rund 5 % zu achten, zumal da die gewünschten Risikoreduzierungseigenschaften mittelfristig besser zum Tragen kämen – sprich: Puffereffekt im Portfolio dank vergleichsweise geringerer Schwankungsbreite und Verlustbegrenzung in Abwärtsphasen.

Diesem Anspruch wurden europäische Dividendenfonds selbst heuer, da sie Federn
lassen mussten, gerecht: Auf Dreijahresbasis gab es im reinen Kursindex MSCI-Europe-Net-Return eine Volatilität von 12,8 %, im Euro-Stoxx-50-Net-Return gar eine von 14,9 %, während der Sektorschnitt bei 11,7 % lag. Noch eindrucksvoller der maximale Kursverlust über drei Jahre: minus 16 % respektive minus 18,9 % im Vergleich zu minus 14,1 %. Dass europäische Dividendenfonds seit Jahresbeginn bis Ende Oktober Nettomittelabflüsse von 678,9 Mio Euro verzeichnen mussten (minus 2,7 %), sei, so Wolfstetter auf Nachfrage des Börsen-Kurier, vor allem auf Fonds mit Schwerpunkt Großbritannien zurückzuführen: „Mit einem Minus von satten 3,8 Mrd Euro hat der Brexit tiefe Spuren hinterlassen.“

Parallel dazu ist bei den weltweit agierenden Fonds mit einem Nettomittelzufluss von plus 2,3 % auf 1,7 Mrd Euro relative Stärke zu beobachten. „Globale Fonds haben den Vorteil, dass sie branchenunabhängig über internationale Unternehmen und  Konjunkturzyklen hinweg investieren“, erklärt uns dazu Stephen Thornber, Fondsmanager bei Columbia Threadneedle. „Das bietet Diversifikation und federt das Portfolio in Abwärtsphasen ab.“

Praxis
Tatsache ist, dass Dividendenaktienfonds in der Regel keiner Benchmark folgen und sich die Produkte in ihrem Investmentansatz durchaus von 08/15-Fonds unterscheiden.

Der Primus unter den globalen Dividendenfonds, Newton, sowie der ebenfalls von Newton verwaltete Drittgereihte, BNY Mellon, werden unter dem selben Dach mit dem selben Ansatz geführt. Beide blicken auf vier Quartale Outperformance, wie Fondsmanager Nick Clay dem Börsen-Kurier berichtet: „Wir setzen auf solide Bilanzen, vorhersehbare Cashflows und Unternehmen mit klarer internationaler Ausrichtung – auch aus Großbritannien, die von der Pfund-Abwertung nach der Brexit-Wahl besonders stark profitiert haben.“ Essentiell für den Investmenterfolg sei für BNY aber auch eine klare Kauf- und Verkaufsstrategie: „Investiert wird nur in Aktien, die mindestens eine um 25 % höhere Dividende ausweisen als der Index, verkauft wird, sobald der Ertrag unter den Marktschnitt fällt.“

Auch der DWS Top Dividende und der Deutsche Invest I Top Dividende werden mit den selben Titeln bestückt, wie Kißner betont: „Der einzige Unterschied liegt darin, dass der Top Dividende ein deutsches, der andere ein Luxemburger Sondervermögen ist und somit eine leicht unterschiedliche Kostenstruktur hat, und dass die Wertfeststellung zeitlich differiert.“  Mit rund 18 respektive 4,6 Mrd Euro zähle die Fondsfamilie jedenfalls zu den ältesten und größten der Morningstarkategorie, an der sie mittlerweile einen Anteil von rund einem Drittel hält. Die Größe des Fondsvolumens sei dabei kein Problem, weil allein schon vom Investmentansatz her ausschließlich in sehr liquide Unternehmen mit  einer durchschnittlichen Marktkapitalisierung von aktuell rund 90 Mrd Euro investiert werde: „Wir verfolgen eine äußerst konservative, rein fundamentale Strategie. Das zeigt sich auch daran, dass wir die Aktien im Schnitt fünf Jahre im Portfolio halten.“

Ganz im Gegensatz etwa zum UBS Global High Dividend, dessen Umschlagshäufigkeit bei nur zehn Monaten liegt: „Wir wollen auch kurzfristige Tradingchancen nutzen, halten aber Core-Holdings sehr wohl länger im Portefeuille“, erklärt Portfoliomanager Patrick Zimmermann, wobei das Umschichten dank des liquiden Marktsegments sehr günstig sei. Auch dass in rund 100 Titel investiert werde, unterscheidet ihn vom sehr konzentrierten DWS-Pendant mit cirka 60 Positionen, wobei in beiden die jeweiligen Anteile zur Risikominimierung gleichgewichtet sind. Die mit 4,12 % zweitbeste Jahresperformance per 21. 11. 2016 verdankt der stets voll investierte UBS-Fonds im Übrigen der substantiellen Allokation in defensiven Firmen mit Domizil in den USA, Kanada und Brasilien.

Seit Juli veränderte Bedingungen
Dividendenaktien haben sich jedenfalls bis Juli großteils besser als die übrigen Marktsegmente geschlagen, berichtet Olbrich: „Als dann speziell Banken und Rohstoffwerte deutlich zugelegt haben, kam es zu einer Rotation, bei der sich jene Sektoren mit weniger stabilen Dividenden besser entwickelten.“ Und jenen Fonds Performance gekostet hat, die eher auf defensive Unternehmen wie etwa aus dem Nicht-Zyklischen Basiskonsum setzen, aber durchaus attraktiv sind: „Die haben zumeist eine starke Präsenz in den Schwellenländern aufgebaut und profitieren somit von der stabilen, gewinnbringenden Marktpositionen in den entwickelten Märkten und den guten Wachstumschancen in den Emerging Markets“, so der Gutmann-Fondsmanager. Auch die BlackRock-Fonds sind eher defensiv aufgestellt: „Banken oder Rohstoffe sind tabu, da fehlt uns einfache die Visibilität“, sagt Loszach.

In Summe ist also Dividende nicht gleich Dividende. Der Anleger sollte den Investmentansatz folglich genau hinterfragen. Und etwa darauf achten, ob das Unternehmen auch tatsächlich die Dividende in cash oder in Aktien auszahlt beziehungsweise ob in den Statuten ein Wahlrecht besteht: „Es nützt uns nichts, wenn 7 % auf dem Papier steht und die dann nicht ausgezahlt werden“, sieht Kißner den neuen Trend kritisch. Soeben schüttete der Top Dividende jedenfalls rund 460 Mio Euro an seine Anleger aus – um rund 100 Mio Euro mehr als im Vorjahr: Seit Auflage im Jahr 2003 liegt die durchschnittliche Ausschüttungsrendite damit bei 3,5 %.

Der Vermögensaufbau mit Divendendenfonds ist jeden-falls eine sehr attraktive Sache, die bei uns in Kontinentaleuropa erst noch so richtig Fuß fassen wird, ist Thomas Loszach überzeugt. Aber auch in der Absparphase haben sie durchaus ihre Berechtigung wie die angelsächsischen Länder vorexerzieren: „Mit der thesaurierenden Variante nutze ich den Zinseszinseffekt in der Veranlagung, mit der ausschüttenden Variante kann ich meine Pension dank der Dividendenzahlungen aufpeppen und das Kapital weiter für mich arbeiten lassen.“

Autor: Mag. Caroline Millonig (redaktion@boersen-kurier.at)