Ausgabefieber bei Wandelanleihen

Die Wandlung von Fremd- in Eigenkapital beschert den Anlegern eine spekulative Komponente. Überreife Aktienindizes begrenzen aber die Fantasien.

An den Kapitalmärkten ist eine forcierte Platzierung von Wandelanleihen seitens börsennotierter Gesellschaften erkennbar. Das erweckt klar den Eindruck, die Emittenten seien in entsprechender Eile, schnell noch günstige Finanzierungstranchen in dieser Form unterzubringen. Der Bonus für die ausgebende Gesellschaft besteht darin, dem Investor Zinsen unterhalb der Marktgegebenheiten (für dessen Aktionärsperspektive) und für das Unternehmen selbst eine attraktive Finanzierungskomponente aktivieren zu können. Dazu mindern die für die AG zu zahlenden Zinsen den zu versteuernden Gewinn.

Vom Renditebringer zum Dividendenpapier
Die mit einem Nominalzins ausgestattete, festverzinsliche Variante der Wandelanleihe ist mit einem Anreiz für den Zeichner verbunden, vorerst ein abgefedertes Risiko einer Schuldverschreibung zu halten und bei günstiger Marktentwicklung von der möglichen Wertsteigerung der Unternehmensaktien zu profitieren, insbesondere durch einen entsprechend hohen Kurswert der Aktien zum Umtauschzeitpunkt. Wird doch das Recht eingeräumt, innerhalb einer Wandlungsfrist die Anleihen zu einem vorher festgelegten Verhältnis in Aktien einzutauschen und somit das Fremdkapital ins Eigenkapital zu „konvertieren“ – eine Wertpapier-Kombination eines festen Ertrages, der sich nach dem Umtausch in ein Dividendenpapier „wandelt“.

Wird diese Umtauschmöglichkeit nicht vollzogen, erfolgt in der Regel zu Laufzeitende immerhin die Rückzahlung des Nennwertes. Damit einhergehend führt ein steigender Aktienkurs der Gesellschaft adäquat zu einem Kursanstieg der Wandelanleihe. Das Wahlrecht liegt bei diesen Wertpapieren beim Inhaber. „Umgekehrte“ Wandelanleihen existieren im Angebot der Börsen seltener, aber doch. Diese Bezeichnung wird in jenem Fall gewählt, in dem das Kündigungsrecht bei der Aktiengesellschaft liegt. Nicht gewandelte Schuldverschreibungen werden nach der Rückzahlung zum Laufzeitende gelöscht. Dies führt aber dennoch für den Emittenten zu der nachteiligen Situation, nicht im Vorhinein das Ausmaß der wirklichen Eigenkapitalerhöhung zu kennen.

Exakte Kriterienprüfung erforderlich
Gefallene Aktienkurse und die daraus resultierende Differenz zwischen Kurs und rechnerischem Nennbetrag bei Ausgabe der Schuldverschreibung sind aber ein möglicher Verlustfaktor für den Anleger. Eine Kapitalerhöhung kann für den Inhaber der Wandelanleihe auch zu einer Verwässerung führen, soweit keine anderslautenden Bedingungen in den Vereinbarungen eingefügt wurden. Die Kündigungsbedingungen sind daher stets zu beachten.

Bayer mit attraktivem Kupon
Als aktuell relevantes Beispiel der geforderten Achtsamkeit gegenüber dem Emittenten ist der deutsche  Bayer-Konzern zu nennen. Die Leverkusener brachten im Vorjahr zur Finanzierung der Monsanto-Übernahme ein Produkt (ISIN: DE00 0A189FZ7) mit einem attraktiven Kupon von 5,625 % und einem Volumen von 4 Mrd Euro an die Börsen in Deutschland. Die Laufzeit ist bis
22. November 2019 festgelegt. Allerdings findet bei Fälligkeit eine zwingende Wandlung in Stammaktien statt. Dabei gilt des Weiteren eine Obergrenze des Wandlungspreises von 108 E. Die Anleihebedingungen räumen in diesem Fall sowohl den Anleihegläubigern als auch der Bayer AG Wandlungsrechte vor dem Fälligkeitszeitpunkt ein. Kursverluste der Aktie treffen als „Kompensation“ zur hohen Zinszahlung unmittelbar den Anleihezeichner.

Autor: Roman Steinbauer (Redaktion@boersen-kurier.at)