Im Spannungsfeld von Regulierung und Landflucht

Die Sparkasse Neuhofen im oberösterreichischen Städtedreieck Linz-Wels-Steyr zählt zu den erfolgreichsten Banken Österreichs. Im Gespräch mit dem Börsen-Kurier spricht Vorstand Friedrich Himmelfreundpointner über seine Strategie.

Basel III, MiFID, Bankenabgabe – ein Umfeld, in dem sich schon große Finanzkonzerne schwer tun. Aber wie kann eine kleine, regionale Bank überleben – und noch dazu äußerst erfolgreich?

Friedrich Himmelfreundpointner (im Bild rechts) ist Vorstandsvorsitzender eines solchen Instituts – der Sparkasse Neuhofen. Nach 45 Jahren tritt er in Kürze in den Ruhestand und kann ein wohlbestelltes Haus übergeben. 23 Auszeichnungen hat die Bank in den vergangenen 15 Jahren erhalten, darunter fünf Mal den ersten Platz beim „Sparkassen Award“, drei Mal wurde sie „Bank des Jahres“ und 2008 erreichte sie unter 1.200 Unternehmen Platz sechs unter Europas besten Arbeitgebern.

Erfolgsgeschichte
Das war nicht immer so: 1972, als Himmelfreundpointner bei der Sparkasse Neuhofen anfing, war sie, nachdem das halbe Eigenkapital veruntreut worden war, „praktisch tot und fusionsreif“. Heute steht sie mit einer Kernkapitalquote von 18 % weit besser da als die meisten anderen. Was übrigens kein Einzelfall sein dürfte. „Kleine Geldinstitute haben mindestens eineinhalb mal so viel Kapital wie die Großen“, erklärt Himmelfreundpointner.

Zu seinen Erfolgskriterien gehört es, „nicht größenwahnsinnig zu sein. Das heißt: keine Spekulation, keine Großkredite.“ Die Sparkasse Neuhofen konzentriert sich vor allem auf das Kerngeschäft: Einlagen und Kredite machen 80 % des Volumens aus. Noch entscheidender sei es aber, „totale Kundenorientierung zu leben“. Und im Umgang mit Mitarbeitern die „Übereinstimmung von Mensch und Ziel“ anzustreben.

Chance ländlicher Raum
„Es ist ein katastrophaler Fehler unserer Gesellschaft, zu glauben, dass nur Zentralismus eine Chance hat“, betont der Chef der Sparkasse Neuhofen. Und ergänzt, vor allem auch in Bezug auf Banken: „Dass Größe bessere Bonität bedeutet, ist ein kapitaler Trugschluss.“

Deshalb sieht Himmelfreundpointner gerade im ländlichen Raum Chancen: „Unsere Region ist chancenreicher als die Stadt. Die Lebensqualität ist höher und wirtschaftlich steht der oberösterreichische Zentralraum besser da als viele andere Gebiete.“

Probleme gebe es natürlich dort, wo mangelnde Verkehrsanbindung und Landflucht zu einem Wegfall von Arbeitsplätzen führen. Doch die technologische Entwicklung – Stichwort „Breitband-Internet“ – biete auch in diesen Gegenden eine „Riesenchance, wirtschaftliches Überleben und Lebensqualität zu verbinden.“ Nachsatz: „Wenn das von Politik und Wirtschaft erkannt wird.“

Unverzichtbar: Die regionale Bank
Als Teil der Infrastruktur sind Banken am Land besonders wichtig. Online-Banking könne dafür kein Ersatz sein, „nur Begleitmusik, auch noch in 20 Jahren“, ist Himmelfreundpointner überzeugt. „Das Wichtigste ist das Vertrauen zum Berater. Das ist der Grund, warum der Kunde zu uns kommt“.

Deshalb hat sich die Sparkasse Neuhofen auch entschlossen, selbst kleinste Geschäftsstellen nicht zu schließen. Als Beispiel nennt Himmelfreundpointner zwei kleine Filialen, die gemeinsam von einem Mitarbeiter betreut werden: „Er ist heute unser Top-Verkäufer.“

Die Bedeutung regionaler Sparkassen betont auch Gerhard Fabisch, Präsident des Österreichischen Sparkassenverbandes, zum Börsen-Kurier: „Die Sparkassen wurden für die Menschen gegründet. Sie sind auch heute noch für die Menschen da – vor Ort und mit bester Kenntnis der Kunden sowie des regionalen sozialen und wirtschaftlichen Umfeldes. Sie sind innovativ, gehen auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen ein und wollen ihnen helfen, ihre Ziele zu erreichen. Erwirtschaftete Gewinne der Sparkassen werden wieder in die Regionen investiert. Mit dem Ziel, nachhaltigen Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum in der Region zu fördern. Die Sparkassen sind wichtige Arbeitsplatzgeber und setzen durch ihre Finanzierungsaktivitäten und ihr gesellschaftliches Engagement erhebliche regionale Impulse. Der Wertschöpfungsbericht 2015 hat gezeigt, dass die Sparkassengruppe in Österreich eine mittel- und unmittelbare Wertschöpfung von 4,1 MrdE erwirtschaftet hat. Das entspricht mehr als 1 % der österreichischen Bruttowertschöpfung.“

Wichtig ist für Himmelfreundpointner aber, dass es – auch am Land – Wettbewerb gibt: „Sonst werden wir zum Spielball von Oligopolen.“

Nur im Verbund möglich
„Wenn es uns gelingt, die regulatorischen Anforderungen einigermaßen in den Griff zu bekommen, haben wir Chancen, die wir noch nie hatten“, ist Himmelfreundpointner überzeugt.

Herausforderungen für kleine Banken sieht er nämlich „ausschließlich in der sinnlos überbordenden Regulatorik“. Sein Hauptkritikpunkt: „Regulatorik hilft nichts, wenn ich den Kontakt zum Kunden verliere!“

Tatsache ist aber nun einmal, dass es diese Flut an Vorschriften gibt. „Ohne ein Zentralinstitut geht es nicht, man muss Mitglied dieses Verbundes sein, dann ist die Größe kein Thema“, sagt Himmelfreundpointner. Dabei hat sich die Sparkasse Neuhofen aber ein großes Maß an Selbständigkeit erhalten: „Wir treffen alle Entscheidungen im Haus und sind völlig unabhängig von Verpflichtungen anderen Eigentümern gegenüber.“ Das Spitzeninstitut Erste Bank sei aber unverzichtbar „für die ganzen Regulatorien, das Risikomesssystem, die EDV. Die FMA verlangt ja von uns dasselbe wie von den Großen.“ Beispiel MiFID: „Das könnte die Sparkasse nicht allein.“ In Bezug auf die FMA ist Himmelfreundpointner „guter Hoffnung, dass sich hier etwas zum Positiven wenden wird“ – notwendig wäre „mehr Proportionalität“.

Vor allem aber sollte die Politik den lokalen und regionalen Geldinstituten „die Gelegenheit geben, zu überleben. Und die für Österreich so wichtige und das Steueraufkommen notwendige klein- und mittelbetriebliche Struktur erhalten.“

Autor: Marius Perger (mp@boersen-kurier.at)