„Njet“ ist keine Katastrophe

Der Flughafen hat eine gute Bilanz abgeliefert, derzeit sprechen aber alle über das vorläufige „Njet“ zur 3. Piste. Wobei Analysten nicht von einer Katastrophe ausgehen. Im Gegenteil.

Für Aufregung und teilweise heftige Diskussionen hat unlängst eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht (BVwG) geführt: Die schon lange geplante 3. Piste des Flughafens Wien-Schwechat darf nicht gebaut werden. Zur Begründung heißt es, „dass das öffentliche Interesse am Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels, insbesondere durch die hohe CO2-Belastung, höher zu bewerten ist als die positiven öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens“.

Günther Ofner, Vorstand der Flughafen Wien AG, zeigte sich bei der Präsentation der Jahresbilanz 2016 „not amused“ über die Sichtweise des BVwG und ließ einigen Dampf ab: „Als ich die Begründung das erste Mal gelesen habe, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Hier werden der gesamte Treibstoffverbrauch und die damit verbundenen Emissionen eines Flugs von Wien nach z.B. New York oder Bangkok zu 100 % uns zugerechnet. Geht der Flug über eine Zwischenlandung, etwa in München, in eine weit entfernte Destination, würde die Belastung für den Flughafen Wien um 90 % sinken. Wir verstehen das nicht, und ich habe noch niemanden gefunden, der das versteht.“ Ofner kündigte jedenfalls an, „alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um die 3. Piste
doch realisieren zu können.“

Zufriedene Analysten
Im Schatten der 3. Piste ging die aktuell gute Bilanz fast unter: Die Umsatzerlöse sind um 3 % auf 741,6 Mio Euro und das Nettoergebnis um 0,7 % auf  112,6 Mio Euro gestiegen. Interessant ist, dass – gerade nach der Aufregung um die Entscheidung zur 3. Piste – Experten die Aktie des Flughafens upgegraded haben. So etwa die Raiffeisen Centrobank von halten auf kaufen. Bernd Maurer, Chefanalyst des Instituts, erklärt im Gespräch mit dem Börsen-Kurier warum: „Bereits in den letzten zehn Jahren ist ersichtlich geworden, dass sich ein möglicher Bauzeitpunkt immer weiter nach hinten verschiebt. Nach der Entscheidung des BVwG ist eine Realisierung des Projekts jetzt weniger wahrscheinlich geworden. Und wenn es kommt, dann noch weiter verzögert. Der Flughafen selbst spricht von frühestens 2030.“ Der RCB-Spezialist hat nun aufgrund des weiten Zeithorizonts die Investitionskosten für die 3. Piste aus seinem Berechnungsmodell genommen, was positive Effekte für die Eigenkapitalbewertung des Unternehmens mit sich führt. „Langfristig gesehen fallen die Wachstumsraten ohne 3. Piste für den Flughafen geringer aus, dem stehen aber niedrigere Investitionskosten gegenüber. Zur Kaufempfehlung beigetragen haben auch die gestiegenen Passagierzahlen im Jänner und eine Beruhigung rund um die Restrukturierung von airberlin und Niki. Eurowings und AUA haben angekündigt, wegfallende Destinationen zu übernehmen, womit die Auswirkungen weniger stark als zunächst angenommen ausfallen sollten.“ Das vorläufige Jahresergebnis 2016 des Flughafens bezeichnet Maurer als „nach der Bereinigung von Sondereffekten gut, es liegt leicht über dem Marktkonsens.“ Das aktuelle Kursziel lautet 31 Euro. Die Erste Group hat die Aktie mit „Akkumulieren“ und dem etwas niedrigeren Kursziel von 29,5 Euro eingestuft.

Autor: Harald Kolerus (redaktion@boersen-kurier.at)