Die 70. o. HV der Verbund AG: AR-Chef ging, Dividendenkürzung kam – ein Rückblick

Der Dividendenvorschlag sorgte für Enttäuschung auf der Verbund-HV. Vom langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden hieß es vorzeitig Abschied nehmen. Nachfolger: Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss.

Es begann harmonisch: Mit einem Videofilm vom neuen Pumpspeicherkraftwerk Reißeck II als, wie es da genannt wurde „Grüne Batterie in den Alpen“. Danach musste CEO Wolfgang Anzengruber auch auf weniger harmonische Themen eingehen, wie die „dramatische” Großhandelspreisentwicklung an den Strombörsen oder die Vorbereitung der Trennung der Deutsch-Österreichischen Preiszone („ein nichtförderlicher Rückschritt“). Mit dem „Kostenmanagementprogramm“ werde daher sowohl bei den Sach- und Personalkosten, als auch bei den Wachstums- und Instandhaltungsinvestitionen massiv eingespart. Auch die Dividende 2016 sei betroffen: Mit dem Vorschlag der  Reduktion der Ausschüttungsquote von rund 50 auf rund 30 % des bereinigten Konzernergebnisses. Trotzdem sprachen er und CFO Peter Kollmann von einem „erfolgreichen Geschäftsjahr“ mit einem wieder gesteigerten EBITDA und Konzernergebnis und einem Aktienkursplus von 28 %. Da man eine Strompreiserholung erst ab 2019 erwarte, setze die Konzernstrategie darauf, CO2-freier Low-Cost-Erzeuger, verlässlicher Netzbetreiber, führender Grünstrom- und Flexibilitätsvermarkter und kundenorientierter Lösungsanbieter zu sein.

Danach erklärte AR-Vorsitzender Gilbert Frizberg die Niederlegung seines AR-Mandates „nach 17 Jahren im AR, zehn Jahren im Vorsitz und keinem Jahr mit Verlust“. Er sei „überzeugt, dass wir mit Speichertechnologie, neuen Produkten und Dienstleistungen gut aufgestellt sind“. Er wünsche Vorstand, AR, allen Mitarbeitern und Eigentümern alles Gute und danke „für die lange Geduld“. Zur Nachbesetzung seines und des AR-Mandates von Martin Krajcsir schlage der AR ex-OMV-GD Gerhard Roiss als Vorsitzenden und Peter Weinelt (vom Großaktionär Wiener Stadtwerke) vor. Beide Nominierten stellten sich danach den Aktionären vor.

Von Baggerschiffen bis Werbung
Nach dem langen Statement des Ministeriumsvertreters des Mehrheitsaktionärs Republik Österreich wurde, da es erwartbar viele Aktionärswortmeldungen gab, die Q&A-Runde zweigeteilt.

Für mehrfache „Enttäuschung“ sorgte der „mickrige“ Dividendenvorschlag (29 statt 35 Cent), das „Hauptproblem“ des hohen Personalaufwandes und Mitarbeiterleistungskennzahlen kamen wieder aufs Tapet, branchenfremde Stromhandelskonkurrenten, die Werbekosten, Freileitungen, „soziale Verantwortung“, der Rückzug des AR-Vorsitzenden und sogar fehlende akademische Titel und die Baggerschiffe wurden thematisiert.

Was man in HV-Fragenrunden nicht oft erlebt: Dass ein Belegschaftsvertreter auf die Aktionärskritik an den Personalkosten kontert. Auch Vorstand Johann Sereinig wies mit dem Personalreduktionsprogramm und Vergleichszahlen die Personalaufwandskritik zurück. Kollmann betonte, dass man bei den Leistungskennzahlen GWh-Output und Wertschöpfung je Mitarbeiter sehr gut liege. Konstruktiv war der Aktionärsvorschlag, doch statt der jetzigen Werbung für die Bedeutung, Nutzen und Aktie des Verbunds zu werben.

Wie von Aktionären angekündigt, gab es bei der Abstimmung zur verringerten Dividende deutlich viele Neinstimmen.

Zusatz: Der Börsen-Kurier brachte Schulklasse zur Verbund-HV

Bei der Verbund-HV waren die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte der 4. Klasse der Handelsakademie Horn als Gäste angereist. Für die jungen Leute eine Gelegenheit, HV-Luft zu schnuppern und Aktionärsdemokratie live zu erleben. Der Börsen-Kurier erfragte danach von den “Nachwuchs-Aktionären” ihre Eindrücke. Hier ihr Feedback: Am Auftritt der hohen Herrn am Podium haben den Jugendlichen die Fakten mit Daten gefallen und dass lebendig, klar, detailliert, überzeugend und nachvollziehbar informiert wurde. Weniger Gefallen fanden die vielen Fachbegriffe, zu viele Zahlen, die Mimik und Gestik am Podium zu manchen Aktionärsfragen und dass es viel zu lange gedauert habe. An den Fragen der Aktionäre gefiel den Jugendlichen, dass sie kritisch und direkt, manche lustig waren, zu denken gegeben, Probleme genau angesprochen und den Vorstand bei seinen Bezügen in die Sparpflicht genommen haben. Nicht gut kamen die langen Redezeiten an. Als originelle Aktionärsstatements blieben den jungen Gästen die Kritiken an der Nichtkostenkürzung beim Vorstand, warum die Dividende weniger wird, obwohl der Gewinn mehr wurde, und der Mitarbeiterzahl- und -kostenvergleich mit anderen Konzernen. Selbst gefragt hätten die HAK-Schüler gerne zum AR-Rücktritt, wie viele Aktien der Vorstand besitzt, und ob Fusionen mit anderen Firmen in näherer Zukunft stattfinden. Die HV-Organisation und Verköstigung erhielten durchwegs Bestnoten. Als Verbesserungsvorschlag wurde mehrfach die Zeitbegrenzung der langen “Reden” der Aktionäre genannt.

Autor: Mag. Manfred Kainz (redaktion@boersen-kurier.at)