Ein Profi zeigt, worauf es in politisch instabilen Zeiten ankommt

Das Super-Wahljahr, der Brexit-Prozess, die unveränderte Niedrigzinspolitik der EZB und politische Spannungen mit Südosteuropa und der Türkei stellen Anleger vor Herausforderungen. Die Inflation zieht bei gleichbleibend niedrigen Zinsen an, daher ist die Sorge vor der Geldentwertung berechtigt. Es gibt weiterhin viel Ungewissheit an den Märkten, aber auch genügend Chancen fürs Portfolio, meint Experte Christian Nemeth von der Zürcher Kantonalbank.

Anleger stehen angesichts politischer Spannungen und ungelöster wirtschaftlicher Probleme in einigen Euro-Staaten vor Herausforderungen. Zuletzt zog die Inflation zur Zufriedenheit der Zentralbanker an. Dennoch bleibt das Niedrigzinsumfeld in Europa erst einmal unverändert, was bei vielen Privatinvestoren die Sorge vor Geldentwertung fördert. Sicherheit ist bei vielen Investoren nach wie vor Trumpf, doch darüber hinaus gilt es, langfristig eine ansprechende Rendite zu erwirtschaften. Christian Nemeth, Chief Investment Officer und Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, ist für die Asset Allocation seines Hauses verantwortlich. Der Chefstratege nennt fünf Regeln, worauf  es aus seiner Sicht auf dem Weg zum erfolgreichen Portfolio ankommt.

Regel I: Richtige Strategie kommt vor Titelselektion
Wer sein Vermögen auf lange Sicht vermehren möchte, sollte sich zuerst einmal Gedanken über die Portfolioarchitektur machen. Renditeziel und Risikotragfähigkeit müssen aufei-nander abgestimmt werden, damit am Ende der richtige Mix aus Aktien, Anleihen und alternativen Investments festgelegt werden kann. Diese langfristige Ausrichtung des Portfolios sollte zwar in größeren Abständen überprüft werden, jedoch muss man seiner Strategie auch Zeit geben. Anleger sollten sich nicht von kurzfristigen Ereignissen blenden lassen, häufiges und rasches Agieren am Markt zerstört sehr oft eine gute Performance. Wenn die grobe Aufteilung der Vermögenswerte steht, kann im zweiten Schritt mit der Umsetzung begonnen werden. Viele Anleger zäumen aber das Pferd von hinten auf und beginnen mit der Auswahl der Wertpapiere, bevor sie sich Gedanken über die Asset Allocation gemacht haben. Das „Cherry Picking“ von attraktiven Aktien, Anleihen und Investmentfonds führt auf diese Weise häufig zu unausgewogenen Portfolios mit erheblichen Klumpenrisiken.

 

Regel II : Aktives Fondsmanagement ist 2017 Trumpf
Der Trend hin zu passiven Investments ist nach wie vor sehr stark. Hauptsächlich wird in diesem Zusammenhang das Kostenelement ins Treffen geführt. Nach einem schwierigen Jahr 2016 für viele aktive Manager, fühlen sich zahlreiche Anleger auf ihrem Weg bestätigt. 2017 könnte jedoch ganz anders laufen. Auch wenn das aktuelle Marktumfeld weiter für Aktien spricht, ist angesichts der teilweise schon recht üppigen Bewertung mit zwischenzeitlichen Korrekturen zu rechen. Gerade in einem solchen Umfeld können aktive Manager häufig einen Mehrwert schaffen und die Volatilität dämpfen. Die Suche nach einem guten, aktiv verwalteten Investmentfonds ist aber nicht trivial. Statistiken haben oft ihre Tücken und eine detaillierte Analyse des Anlageprozesses ist unverzichtbar. „Bei der Managerauswahl kommt es besonders auf die Stabilität der Investmentstrategie und des Teams an. Auch bei Assetmanagern mit sehr großen Volumina hängt die Performance häufig von einer überschaubaren Anzahl an Personen ab“, betont Nemeth.

Regel III: Aktien sind unverzichtbar
Wessen Anleihen jetzt auslaufen, der sollte über den Kauf von Aktien nachdenken. Auch nach dem Renditeanstieg der letzten Monate versprechen viele Anleihen aus dem Euroraum nur eine magere Rendite. Auch wenn sichere Anleihen Stabilität in ein Portfolio bringen, sind sie aus Performancegesichtspunkten weiterhin wenig attraktiv. Grundlegende Änderungen des Marktumfeldes sind hier nicht in Sicht, die EZB wird ihre Niedrigzinspolitik vorerst beibehalten. All dies spricht für risikobehaftete Assetklassen wie Aktien. „Vor allem im europäischen Raum sowie in den Emerging Markets lohnt sich der Einstieg aufgrund derzeit günstig bewerteter Unternehmen“, so der ZKB-Mann. „In den USA haben die Ankündigungen der Trump-Regierung jüngst die Aktienmärkte beflügelt. Wenn die angekündigten Konjunkturprogramme jedoch nicht durchsetzbar sind, kann es an den US-Börsen durchaus zu einer Kurskorrektur kommen. Dann lohnt sich auch hier wieder der Einstieg.“

Regel IV: Wer klug ist, diversifiziert
Herausforderungen sind in diesen Zeiten unvermeidbar. Eine möglichst breite Streuung der Assets verhindert in Abschwungphasen größere Verluste. Der sogenannte Home Bias, die einseitige Berücksichtigung des Heimatmarktes, ist ein typischer Anlegerfehler. Dabei bringen Investments über unterschiedliche Länder und Branchen hinweg nicht nur mehr Internationalität ins Depot, sondern auch jede Menge Chancen. „Eine globale Verteilung der Investments gleicht Risiken aus und bringt die gewünschte Stabilität. Auf die risikomindernde Eigenschaft des Diversifikationseffektes sollte nicht verzichtet werden“, unterstreicht Nemeth.

Regel V: Opportunitäten erkennen und nutzen
Wer zusätzliches Wachstum generieren möchte, muss kreativ sein. Die internationalen Finanzmärkte bieten mittlerweile eine große Vielfalt an Möglichkeiten, seine Marktmeinung umzusetzen und Chancen zu nutzen. Beispielsweise kann über den Einsatz von inflationsgeschützten Papieren oder Investments in Unternehmensanleihen mit kurzer Restlaufzeit ein Portfolio gegenüber steigenden Renditen abgesichert werden. Auf der Aktienseite wiederum können zusätzlich Investments in ausgesuchte Branchen oder kleinkapitalisierte Unternehmen (Small Caps) beigemischt werden. „Bei all den verschiedenen Investmentmöglichkeiten sollte sich jedoch der Anleger immer fragen, ob er auch über die dafür notwendige Expertise, Zeit und das Interesse verfügt“, rät Nemeth. Wer mindestens einen dieser Aspekte verneint, sollte in ein verwaltetes Portfolio investieren, das von Profis gemanagt wird.