Endspurt zu neuen Kapitalmarkt-Spielregeln
Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen, Delisting-Regelung, Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften: Vor der Sommerpause des Parlaments stehen anlegerrelevante Gesetze zum Beschluss an.
Gegen Ende der Legislaturperiode wird es betriebsam, auch was neue Regelwerke für den Kapitalmarkt Österreich und die Anleger betrifft. Einen Tag vor Erscheinen dieser Börsen-Kurier-Ausgabe, am 21. Juni, hat der Finanzausschuss des Nationalrates eine dichte Tagesordnung: rund 20 Themen stehen zur Behandlung. Dazu zählt unter anderem das Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017. Der Entwurf ist eine gemeinsame Initiative von ÖVP und SPÖ: Eine neue Art der betrieblichen Privatstiftung soll der Weitergabe von Aktien, der das Instrument nützenden AGs an ihre Mitarbeiter dienen. Finanzielles „Zuckerl“: Aktien bis zu einem Freibetrag von 4.500 Euro können pro Person dann steuer- und sozialversicherungsfrei an die Mitarbeiter übertragen werden. Argument der Erfinder: Solche Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen sollen künftig vor feindlichen Übernahmen schützen, diese Stiftungen sollen also als starke Kernaktionäre dienen, denn die Mitarbeiteraktien verwaltende Stiftung würde die Stimmrechte einheitlich ausüben. Maximal 10 % der Stimmrechte soll so eine Mitarbeiterbeteiligungsstiftung halten dürfen. Die Dividenden werden an die Mitarbeiter weitergeleitet, und auch die Stiftung soll Steuererleichterungen haben. Zu Redaktionsschluss gab es dem Vernehmen nach kein Anzeichen, dass diese Grundzüge von den Regierungsfraktionen in Frage gestellt werden. Man habe den gemeinsamen Wunsch nach einem Kernaktionär, der auch in den Hauptversammlungen eine wesentliche Stimme sein könne.
Auch bei den geplanten Delisting-Regeln im neuen Börsegesetz zeichnete sich nicht ab, dass eine dringende Forderung von wesentlichen Interessensgruppen auf Anlegerseite im Finanzausschuss aufgenommen wird. Der Interessenverband für Anleger (IVA), der Schutzverband der Wertpapierbesitzer und , der aus HVs bekannte kritische Aktionär Rupert-Heinrich Staller u. a. fordern als Delisting-Voraussetzung eine 90 % Mehrheit in der HV – analog zum Gesellschafterausschluss (Squeeze-out). Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht nur eine 75-%-Mehrheit vor (im Begutachtungsentwurf waren es überhaupt nur 50 % plus 1). Die Kritiker betonen, dass wegen der geringen Aktionärspräsenz in den heimischen HVs selbst mit einem 75-%-Erfordernis ein Mehrheitsaktionär mit einem Stimmenanteil von deutlich unter 50 % ein Delisting erreichen könne. Die Drohung des Wegfalls der börslichen Handelbarkeit brächte den anderen Aktionären eine deutliche Entwertung ihrer Anteile. Und die neuen Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen bekämen gleich wieder einen Dämpfer, da man sie mit der jetzigen Delistingregelung wieder los wird – und die Mitarbeiter dann auf nicht börsehandelbaren Aktien sitzen. Trotzdem scheint sich die 90-%-HV-Mehrheits-Forderung bei den Regierungsfraktionen bisher nicht durchzusetzen.
Ebenfalls auf parlamentarischer Schiene ist das Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz. Kleinanleger sollen sich über solche „MiFiGs“ an heimischen KMU beteiligen können, die MiFiGs sorgen mittels Kapitalstreuung für das Risikosplitting der Privatanleger. So dürfen nur höchstens 20 % des Kapitals einer MiFiG in eine Beteiligung angelegt werden und es müssen mindestens fünf Beteiligungen eingegangen werden, ohne dort eine beherrschende Stellung zu haben. KMU kämen damit an privates Eigenkapital heran, das jetzt ungenützt auf Sparkonten liegt. Für alle Gesetzesmaterien gilt jedenfalls: Die Plenumsbeschlüsse im Nationalrat sollen am 28. oder 29. Juni fallen. Und wer weiß, was „das freie Spiel der Kräfte“ noch für Änderungen bringt.
Autor: Mag. Manfred Kainz (redaktion@boersen-kurier.at)