Schlussstrich, Befreiungsschlag und Neustart

Nach dem „fairen Deal“ zur Beendigung des Streits in Thailand setzt der Neo- Vorstand auf ein neu aufgesetztes „Optimierungsprogramm“ und bekommt von den Anlegern einen ersten Vertrauensvorschuss.

Die, wenn auch nicht ganz ernst gemeinten aber doch mutlos klingenden, Worte eines Kleinaktionärs „Ich könnt’ eigentlich schon wieder gehen! Die Handschuhe hab’ ich und essen darf ich eh nichts“ gaben keineswegs die Stimmung wider, die auf dieser mit Spannung erwarteten HV herrschte. Immerhin war es die erste Versammlung nach dem unrühmlichen Ende von CEO Thomas Fahnemann und Worte wie Schlussstrich (auf den Vorstandswechsel bezogen), Befreiungsschlag (das Ende des Streits mit Joint-Venture-Partner Sri Trang betreffend) sowie Neustart wurden vom neuen Vorstand in den folgenden drei Stunden immer wieder genannt.

Zunächst war aber Aufsichtsratschef Veit Sorger bemüht, die Arbeit des Kontrollorgans aus der Schusslinie der Kritik zu nehmen. Er betonte, dass es 34 Sitzungen im Jahr 2016 gab, „eine enge Überwachung der Firma“ stattfand und die Unzufriedenheit dazu geführt hat, dass es heute einen neuen Vorstand gibt. Und so fand sich dann auf der Tagesordnung auch der Antrag auf Nichtentlastung des ehemaligen CEOs (Sorger: „Damit trägt der Aufsichtsrat der höchst unerfreulichen Entwicklung Rechnung!“), was der IVA-Präsident Wilhelm Rasinger später in der Diskussion bei aller berechtigten Kritik an Fahnemann als „reinen Aktionismus“ und „unfair gegenüber Fahnemann“ bezeichnete, „nachdem sie sich intern mit ihm bereits geeinigt haben“.

Das war es dann aber auch schon wieder mit der „Fahnemann-Abrechnung“ und die Neo-Vorstände Michele Melchiorre (Technik) und Franz Gumpinger (Finanz) widmeten sich – in Abwesenheit des am Tag der HV noch nicht im Amt (per 1. Juni) befindlichen CEO Martin Füllenbach – sehr ausführlich der im ersten Quartal stattgefundenen und bereits bekannten Einigung mit Sri Trang, der positiven Sondereffekte auf die Zahlen im ersten Quartal 2017, aber auch der negativen Entwicklung im Medizin-Segment Sempermed („Preisdruck und nicht zufrieden stellende Performance im Handschuhgeschäft“) sowie des daraus resultierenden „neu aufgesetzten Kostensenkungs- und Optimierungsprogramms“. Einen konkreten zahlenbasierten Ausblick – auch bezüglich der Dividende für 2017 – wollte der Vorstand aber nicht geben.

In der dann folgenden Debatte mit den zu Beginn rund 200 anwesenden Aktionären ergriff Rasinger vom IVA als Erster das Wort. Er, der den Aufsichtsrat nach eigenen Aussagen vor der Bestellung von Fahnemann gewarnt hatte, nahm den AR-Chef und seine Kollegen ins Visier: „Misserfolg ist auch Teil des Aufsichtsrates“, und: „Sie waren in alle Fragen involviert und ich finde es nicht richtig, alles an einer Person festzumachen!“

Der Anlegerschützer hatte aber trotz aller Probleme und der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung auch Positives zu vermerken: „Kompliment an den neuen Vorstand für diese Präsentation nach nur so kurzer Zeit. Ein Vertrauensvorschuss wäre angemessen!“ Rasinger wollte dann unter anderem noch etwas über die Kosten der Vorstandswechsel (Stillschweigen zu den Vorständen, die Headhunterkosten betrugen 637.000 Euro, Anm.) wissen und meinte auch, dass die Dividende von 0,70 Euro (Vorjahr: 1,20 Euro) völlig in Ordnung ist, da eine Ergebnisverbesserung wieder kommen sollte. Allgemein merkte der Anleger-Vertreter noch an, dass ihm die „technische Repräsentanz“ vor allem im Aufsichtsrat zu gering sei.

Auch Malaysia war dann noch ein Thema. Der Vorstand verwies auf einen ordentlichen Lohn- und Energiekostenanstieg im Land sowie erhöhte Konkurrenz und spürbaren Margendruck. Bezüglich der Marktpositionierung war zu erfahren, dass man nach dem Thailand-Ende aus den Top 5 rausgefallen ist.

Bei dieser Gemengelage war es klar, dass es (bis auf die volle Zustimmung zur Neuwahl von Petra Preining und Klaus F. Erkes in den AR) viele Aktionäre gab, die ihre Unzufriedenheit (vor allem mit dem Aufsichtsrat) mit Gegenstimmen oder Enthaltungen zeigten. Letztlich trennte man sich an diesem Tag aber mit dem von Rasinger eingemahnten „Blick nach vorne“ und der Hoffnung, dass „wir wieder auf die Erfolgswelle zurückkommen“.

Autor: Klaus Schweinegger (redaktion@boersen-kurier.at)