Großbanken versus kleine Institute

Leichter gesagt als angewendet: Das Proportionalitätsprinzip bei Banken. Wieviel Regulierung braucht unser Bankensektor?

Das diskutierte Proportionalitätsprinzip für Banken geht vom simplen Grundsatz aus: Kleine Banken sollen weniger Regulierung unterworfen sein als Großinstitute. Klingt einfach, wirft aber Fragen auf. Wie sollen Tochterunternehmen ausländischer Großbanken behandelt werden?

Sollen sie als „kleine“ Player in den Genuss von Proportionalität kommen, oder als Teil der großen Mutter angesehen werden? Auf der anderen Seite besteht die Befürchtung, dass heimische Institutsgruppen von den Regulierern als gemeinsame Großinstitute angesehen werden. Also jede „kleine“ Sparkasse denselben Vorschriften unterliegen  würde wie etwa eine Deutsche Bank oder eine Bank of America. Aus Sicht der Austro-Institutslandschaft eine seltsame Vorstellung.

Die Proportionalität ist eine europaweite und hochpolitische Frage. Und so hat man im Europäischen Parlament einen Leitpflock eingeschlagen: Europäische Banken dürfen durch neue Regulierungen nicht überproportional belastet werden. Anlässlich einer Resolution des Wirtschafts- und Währungsausschusses des EU-Parlaments zu den nächsten Schritten der Bankenregulierung forderte der Chefverhandler des Europaparlaments für das Bankenreformpaket Basel III, der Österreicher Othmar Karas, dass „der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht die Realität der europäischen Bankenvielfalt stärker berücksichtigen und die Kreditaufnahme für Klein- und Mittelbetriebe verbessern muss“. Denn die Institute „werden auch in Zukunft der Hauptfinanzier unserer Realwirtschaft sein“. Das müsse der Basler Ausschuss bei seinen globalen Standards verstärkt bedenken. Hintergrund: Die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht auf globaler Ebene festgesetzten Standards müssen letztlich vom Europaparlament im Gesetzgebungsverfahren beschlossen werden. Schon bisher hat das Europaparlament diese Standards „europäisch“ interpretiert und nicht 1:1 übernommen.

Zurück nach Österreich: Proportionalität scheint hierzulande besonders wichtig, da – im Gegensatz zur hohen Filialdichte – die Konzentration im österreichischen Bankensektor niedrig ist: Die fünf größten Banken stellen zusammen 30 % der Bilanzsumme aller Banken. Das liegt deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von knapp 62 %. Der Austro-Bankensektor ist also sehr breit aufgestellt, das bringt Stabilität und Sicherheit. Dazu betont die FMA, dass die Regulierung nicht in diese Marktstruktur eingreifen soll. Und diese Struktur umfasst Kleinbanken, mittelgroße Banken und international auftretende Großbanken. Bei den Großbanken gibt es keine Proportionalitätsprüfung. Bei mittleren Banken könnten bestimmte Themen der Proportionalität unterzogen werden, bei Kleinbanken sollte sie voll durchschlagen. Die Frage ist also: Wo sind die Grenzen? Laut Bankern keine leichte Übung. Denn es gibt quantitative Grenzen hinsichtlich der Bilanzsumme – die etwa in Deutschland wesentlich höher sind als in Österreich. Das Problem sehen Experten hier sicherlich in hohen europäischen Untergrenzen. Daneben gibt es auch qualitative Grenzen: „No-Gos“ für die Proportionalität sind beispielsweise ein größeres Handelsbuch, ein großes Engagement im Ausland oder sonstige Auffälligkeiten. Wesentlich ist auch die Frage, für welche Themenbereiche das Proportionalitätsprinzip angewendet wird. Und was Zweigniederlassungen von ausländischen Großbanken in Österreich betrifft, so erachten diese die diesbezüglichen Regelungen in ihrem Hauptsitzland für maßgebend. Eine Lockerung der Regulierungsvorschriften für „kleine“ Banken würde für Zweigniederlassungen bei uns aus deren Sicht keine Auswirkungen haben.           

Autor: Mag. Manfred Kainz (redaktion@boersen-kurier.at)