Passivfonds auf dem Prüfstand

Mit dem wachsenden Interesse an börsegehandelten ETFs (Exchange-traded Funds) steigen 
auch die Risiken großer Abwärtsbewegungen, mahnen einige Experten. Der Börsen-Kurier 
wollte wissen, was an der Kritik dran ist.

Eines muss man der Welt der börsengehandelten Indexfonds lassen: Das Volumen in ETFs (Exchange Traded Funds) hat enorm zugelegt. Knapp 4 BioUSD sind laut Branchenconsulter ETFGI. com weltweit investiert. Vor rund zehn Jahren waren es 807 MrdUSD. Tatsächlich haben diese Produkte ihre Vorzüge. Es gibt keine aktiven Fondsmanager, die sich Entscheidungen einiges kosten lassen. Stattdessen werden Indizes kostengünstig abgebildet. Obendrein können ETFs laufend an der Börse gehandelt werden.

Dabei greifen vor allem Großanleger zu. Selbst die Welt der Hedgefonds kommt inzwischen auf den Geschmack. So führte der ETF-Anbieter Source unlängst eine Umfrage durch. Demnach erwarten Hedgefonds-Experten einen durchschnittlichen Anstieg des Volumens auf 55 MrdUSD bis Jahresende (gegenüber rund 44 MrdUSD Ende 2016).

Doch nicht alle Marktteilnehmer sehen die Entwicklung durchwegs positiv. Bei der Banque de Luxembourg Investments verweist man darauf, dass die fundamentalen Fakten eines Unternehmens in einer passiv investierenden Welt nicht allzu viel bedeuteten. Nach der Marktkapitalisierung gewichtete Indizes verschärften die Problematik. Geld fließt schließlich nur deshalb in Aktien, weil sie groß sind, womit sich die Kurse nur noch weiter aufblähen, so die Kritik. Auch bei der Schoellerbank beobachtet man die Entwicklungen genau: „Irgendwann setzt sich der Index dann zum Großteil nur noch aus diesen Titeln zusammen. Aus diesem Grund entstand auch das Phänomen, dass sich die Korrelation der wichtigsten Indexmitglieder zum Index in den vergangenen 20 Jahren nahezu verdoppelt hat“, so
Daniel Schwaninger von der Schoellerbank Invest im Gespräch mit dem Börsen-Kurier.

Seit einigen Monaten wird der Markt nun aus diesem Grund weiter nach oben getrieben, und die Rallye von wenigen Schwergewichten, die sich besonders stark entwickeln, getragen, ergänzt Schwaninger. Doch das kann auch in die andere Richtung gehen: „Sollte der Index fallen, knicken besonders die Schwergewichte ein, da hier das meiste Geld, besonders jenes in den Indexfonds, steckt. Und damit wird der Trend verstärkt.“

Allerdings mache der aktuelle Anteil der ETF-Vermögen einen kleinen Anteil am Gesamtmarkt aus, halten Experten aus der Passivwelt uns gegenüber entgegen. „Bei US-Anlagen liegt der Anteil von passiven Fonds, also ETFs und Indexfonds, bei knapp mehr als 5 % des gesamten Marktwertes. Entsprechend gering ist das Potential von ETFs zur Verstärkung abwärts gerichteter Marktphasen“, meint Heike Fürpass-Peter, Leiterin des öffentlichen Vertriebs bei Lyxor ETFs Germany & Austria.
Ein ähnliches Umfeld zeige sich in Europa, ergänzt Victoria Arnold, Investment-Spezialistin passive Anlagen bei der Deutschen AM, und verweist obendrein auf vergangene Entwicklungen: „Trotz fallender Aktienmärkte stieg das ETF-Volumen in Europa von Ende 2008 bis Ende 2009 um mehr als 50 %. Während der chinesischen Aktienkrise im August 2015 oder der Ölpreis-Krise im Dezember 2015 bildeten sich ähnliche Muster. ETFs wurden dann sogar für zusätzliche Liquidität und zur Preisfindung herangezogen.“ Letztendlich hat die vergleichsweise junge Anlageklasse durchaus ihre Berechtigung, wie ausgeprägt aber mögliche negative Auswirkungen sein werden, das wird sich wohl spätestens in der nächsten Krise zeigen.

Autor: Mag. Raja Korinek (redaktion@boersen-kurier.at)