Buntere Boards als Signal für Investoren

Wenn zum Jahreswechsel in Österreich die sogenannte Frauenquote in Kraft tritt, hat man in Deutschland diesbezüglich schon zweieinhalb Jahre Erfahrung.

Denn bei unserem großen Nachbarn ist seit 1. Mai 2015 das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“ (FüPoG) in Kraft. Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen signifikant zu erhöhen, gilt somit seit Anfang 2016 eine Geschlechterquote von 30 % für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in etwa 100 großen Unternehmen. Der Börsen-Kurier sprach mit Clarissa-Diana Wilke, Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin von „Women‘s Boardway – Deutsche Gesellschaft für Frauen in Führungspositionen mbH“, über Erfahrungen und Diversity in Führungsgremien.

Zwei Säulen
Das FüPoG für die Privatwirtschaft basiert auf zwei Säulen: Die erste besteht aus einer fixen Quote von 30 % für das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in Unternehmen, die börsennotiert und voll mitbestimmungspflichtig sind. Das sind in der Regel Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten und einem von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite paritätisch besetzten Aufsichtsrat. Sollte die Quote bei einer AR-Wahl nicht beachtet werden, bleiben die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze rechtlich unbesetzt. Dieser „leere Stuhl“ birgt für die Kapitalvertreter das Risiko, dass sie weniger Stimmen als die Belegschaftsvertreter haben. Bisher sei daher noch kein Stuhl leer geblieben …

Die zweite Säule besteht aus einer sogenannten „Zielgrößenverpflichtung“. Danach müssen sich Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, eigene Zielgrößen zur Erhöhung ihres Frauenanteils geben. Sie müssen für ihre Aufsichtsräte, aber auch für ihre Vorstände und obersten Managementebenen Ziele bestimmen und darüber öffentlich in ihrem Lagebericht informieren. Die Bundesregierung überprüft den Fortschritt in einem jährlichen Bericht. Die Zielgrößenverpflichtung sieht keine allgemeine Mindestzielgröße vor. Stattdessen können Unternehmen eigene Ziele definieren. Jedoch darf die Zielquote nicht unter den vorherigen Stand sinken, wenn dieser unter 30 % lag. Diese zweite Säule betrifft rund 3.500 Unternehmen.

Transformation
Für Wilke geht es in der Praxis nicht um ein Männer versus Frauen, sondern um ein sinnvolles Miteinander: „Es geht nicht um ein Ausmustern sogenannter „Old Boys“, denn ihr berufliches Erfahrungswissen ist durchaus wertvoll. Vielmehr geht es darum, Gremien weiter zu professionalisieren und den Wertewandel voranzubringen: Ethisch-moralische und transparente Prinzipien sind der zeitgemäße Gegenentwurf, wenn es darum geht, die Digitale Transformation mitzugestalten.“

Vorzeigefirmen
Dass Investoren bei ihrer Aktienselektion (auch) auf die Diversität der Aufsichtsratsorgane schauen, sei zu begrüßen. In Deutschland würden adidas, Deutsche Telekom oder Lufthansa in puncto Frauenanteile als Vorzeigeunternehmen genannt. Zwei Unternehmen haben weibliche Aufsichtratsvorsitzende: Aareal Bank und Telefónica. Und es gibt einen speziellen „German Gender Index“ und einen börsenotieren Fonds dazu. Dem Gedanken, dass, wenn es mehr weibliche Aktionäre gäbe, diese mit Wortmeldungen und ihrem Abstimmungsverhalten in Hauptversammlungen Umdenken und Veränderungen bewirken können, kann Wilke einiges abgewinnen.

Signale an Anleger
Wie eine Studie der AllBright-Stiftung festgestellt hat, werden noch immer überwiegend ähnliche Typologien von Führungskräften eingestellt. Laut der Expertin für New Work und Digitalisierung Wilke solle das FüPoG diesem „Thomas-Kreislauf“ entgegenwirken. Der Name „Thomas-Kreislauf“ rührt daher, dass es in Deutschland mehr CEOs mit Vornamen Thomas gibt, als weibliche Vorstände insgesamt. Laut einer McKinsey-Studie seien Unternehmen mit signifikant mehr Frauen in den Organen kreativer und weisen bessere Ergebnisse aus. InvestorInnen können weibliche Führungskräfte als „positives Signal“ sehen, dass sie es mit „fortschrittlichen, innovationsfreudigen Unternehmen zu tun haben“, so Wilke und betont: „Digitalkompetenzen und fachliche Qualifikationen sind wichtig, keine Frage. Mindestens ebenso wichtig ist die Persönlichkeit, die jemand mitbringt. Mutige Führungspersönlichkeiten, die zu ihren Überzeugungen stehen, sind entscheidend für den Unternehmenserfolg.“

Autor: Mag. Manfred Kainz  (redaktion@boersen-kurier.at)