Wienerberger bleibt aussichtsreich
Eine temporär ungünstige Marktkonstellation bremste die Wachstumsdynamik bei Wienerberger. Die Gewinnwarnung folgte und setzte den Aktienkurs unter Druck. Doch die mittelfristigen Perspektiven bleiben positiv, nicht zuletzt infolge jüngster Akquisitionen
Wienerberger ist weltgrößter Anbieter von Hintermauerziegeln und in Europa die Nummer Eins bei Tondach- und Vormauerziegeln sowie keramischen Rohren. In den Jahren 2009 bis 2014 war das Ergebnis nach Steuern mit Ausnahme von 2011 immer negativ, ehe ein Kostensenkungsprogramm, Diversifikation und innovative Produkte das Unternehmen wieder nachhaltig in die Gewinnzone führten. Die Ertragsdynamik im Jahr 2016 (EBIT +17 % und Free Cash Flow + 82 %) überzeugte die Anleger und auf 3-Jahressicht liegt die Aktie noch immer 98 % im Plus. Die Erwartungen waren relativ hoch und eine vorübergehend verhaltene Markdynamik war bereits Auslöser folgender Entwicklung im 3. Quartal 2017:
Das hat Anleger enttäuscht
Der Umsatz stieg im 3. Quartal um 3% auf 832,2 Mio Euro, aber das EBITDA war mit 124,8 Mio Euro fast unverändert und lag laut Angaben der Analysten der Erste Group um 6 % unter dem Konsens. Nun revidierte das Unternehmen seinen Jahresausblick auf das bereinigte Konzern-EBITDA von 415 auf 405 Mio Euro nach unten. 2016 lag es bei 404 Mio Euro. Es setzten temporäre regionale Schwächen in diversen Gebieten Westeuropas ein, während in den USA die Tropenstürme belasteten. Im Segment Clay Building Materials in Westeuropa brach das EBITDA mit -12 % (auf 47,8 Mio Euro) sogar überraschend stark ein. Rückläufige Baubewilligungen in Deutschland führten zu sinkender Nachfrage im Ein- und Zweifamilienwohnbau. In Belgien hat noch keine Entspannung in der Verfügbarkeit von PUR/PIR Dämmmaterialien eingesetzt. Folge: Verzögerungen im Bau verzögerten die Nachfrage und belasteten das Ergebnis. Im Pipe & Pavers Western Europe-Segment brach das EBITDA sogar um 18 % auf 14,1 Mio Euro ein, da im internationalen Projektgeschäft die Auftragslage deutlich hinter dem Vorjahr zurückblieb und Überkapazitäten im französischen Infrastrukturmarkt belasteten.
Das stimmt zuversichtlich
Immerhin konnte der Nettogewinn in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um 38 % auf 94,7 Mio Euro gesteigert werden zumal in den Bereichen Innovation und Digitalisierung zahlreiche Projekte in Umsetzung sind und das Unternehmen mit seinen Operational Excellence-Programmen bereits mehr als 7 Mio Euro einsparen konnte. Erfreulich ist auch die Geschäftsentwicklung in Osteuropa, während in Belgien Nachholbedarf besteht. CEO Heimo Scheuch blickt jedenfalls positiv in die Zukunft: „Wir sehen, dass die Baubeginne und Infrastrukturausgaben in unseren Märkten nachhaltig steigen.“ Dies bedeute, dass die fundamentalen Entwicklungen in die richtige Richtung gehen würden.
Unterstützend sind hier auch die jüngsten Akquisitionen, nämlich das Kärntner Ziegelwerk Brenner (in 2016 knapp 9 Mio Euro Umsatz), des US-Vormauerziegelproduzenten Columbus Brick Company, der zuletzt 23 Mio USD umsetzte, und – vorbehaltlich einer Genehmigung durch die Kartellbehörde – von 98,3 % des rumänischen Hintermauerziegelproduzenten Brikston Construction Solutions SA (Umsatz 2016: rund 16 Mio Euro). Zu-vor baute Wienerberger mit der Übernahme des Hintermauerziegelwerks Reetz in Brandenburg die Präsenz in Deutschland und Polen aus. Im Rohrbereich übernahm Wienerberger die belgische Preflex Gruppe (Umsatz 2016: 33 Mio Euro) und positionierte sich damit im schnell wachsenden und profitablen Segment vorverdrahteter Elektroinstallationsrohre.
Auch die Analysten der Erste Group zeigten sich in ihrer Publikation Equity Weekly vom 10. November optimistisch: „In Summe glauben wir, dass die positiven Markttrends weiterhin in Takt bleiben. Die aktuellen Daten zur Vergabe von Wohnkrediten deuten in Westeuropa auf kontinuierliches Wachstum hin und unterstützen unsere Ansicht.“ Darüber hinaus sind sie der Ansicht, dass die jüngsten Akquisitionen noch nicht im Kurs eingepreist sind. Laut Analystenschätzungen (I/B/E/S-Konsens) ist Wienerberger auf Basis eines Kurses von 19,82 Euro mit durchaus attraktiven Forward-KGVs 2018 und 2019 von jeweils 14,7 bzw. 12,3 bewertet.
Autor: Michael Kordovsky (redaktion@boersen-kurier.at)