Zukünftige Outperformer

Die Berücksichtigung von Gewinnrevisionstrends kann sich positiv auf den Anlageerfolg auswirken. Die hohe Trading-Intensität stellt eine Herausforderung dar.

Es klingt nicht nach einer Raketenwissenschaft, kann sich aber erwiesenermaßen positiv auf den Anlageerfolg auswirken. Die Rede ist von der „Earnings-Revision-Strategie“ und damit dem Zugang, bei der Aktienselektion Veränderungen bei den Gewinnschätzungen in die Überlegungen mit einzubeziehen. Dahinter steht die Annahme, dass die aktuellen Aktienkurse die verfügbaren
Konsensus-Gewinnschätzungen der Analysten reflektieren und veränderte Gewinnerwartungen sich auf die Aktienkurse auswirken können. Kurz: Aktien mit positiven Gewinnrevisionen könnten interessant sein, solche mit negativen hingegen nicht.

Bei der Kathrein Privatbank setzt man die Earnings-Revision-Strategie – in Kombination mit Analysten-Empfehlungsänderungen – bei den hauseigenen US- und Europa-Aktienfonds ein. Wie Josef Stadler, Fondsmanager mit Schwerpunkt europäische und US-amerikanische Aktien, gegenüber dem Börsen-Kurier erklärt, biete sich die Strategie vor allem bei US-Aktien an. Der Hintergrund: Das Datenmaterial sei dort von der Historie her einfach viel umfangreicher. „Fast alle US-Unternehmen legen Quartalszahlen vor“, so Stadler. Für rund 1.200 Titel werden bis in die 90er Jahre zurückgehend  – wodurch mehrere Börsezyklen abgedeckt werden – einschlägige Daten über Quartals- und Jahresschätzungen in einer eigenen Datenbank gesammelt. Dabei wird für jedes Unternehmen ein „Earnings-Revision-Score“ mit 100 möglichen Punkten geführt. „Bei Gewinnrevisionen nach oben erhöht sich der Punktestand, während er bei Gewinnrevisionen nach unten zurückgeht“, erklärt Stadler. Auf den Punktestand wirke sich auch aus, welche Analysten jeweils Einschätzungen treffen bzw. wie erfolgreich diese in der Vergangenheit waren.

Die hauseigene Datenbank wird jedenfalls laufend analysiert. Dabei habe man bestimmte Trends festgestellt. „Es hat sich etwa gezeigt, dass mit Gewinnrevisionen nach oben auch die Wahrscheinlichkeit weiterer Gewinnrevisionen nach oben zunimmt und vice versa“, so Stadler. Eine weitere Schlussfolgerung sei, dass bei Small- und Midcaps, die von weniger Analysten gecovert werden, die Earnings-Revision-Strategie tendenziell besser funktioniere. „Bei solchen Unternehmen sind auch Gewinnüberraschungen eher möglich“, erklärt Stadler.

Insgesamt wären Gewinnrevisionen allerdings nur ein Faktor von mehreren, die bei der Kathrein Privatbank im Rahmen der Titelselektion berücksichtigt würden. Weiters schaue man sich auch Cashflows, Bewertungen sowie technische Indikatoren – zur Identifizierung von Kurs- und Preismomentum – an. „Von den Faktoren, die wir uns regelmäßig anschauen, gehören Gewinnrevisionen sicherlich zu den wichtigsten“, so Stadler. Das habe auch gute Gründe. Schließlich könne man mit Unternehmen, die Gewinne machen und diese auch steigern, Extra-Renditen erzielen. Allerdings sei die Strategie sehr trading-intensiv und eigne sich daher weniger für Privatanleger.

In den Portfolios der Kathrein Bank sind Energietitel – auf Basis der Bewertungen und Gewinnrevisionen – jedenfalls derzeit noch untergewichtet. Stadler glaubt allerdings, dass mit dem Sektor in den kommenden zwölf Monaten am meisten Alpha zu generieren sein wird. Im „mittlerweile überkauften“ IT-Sektor wären die Gewinne hingegen schon auf einem sehr hohen Niveau. An Momentum würden auch Financials gewinnen. Weniger interessant waren in den vergangenen beiden Quartalen hingegen Pharma- und Telekommunikationstitel. Im Europa-Portfolio befinden sich im Übrigen mit voestalpine und RBI auch zwei heimische Unternehmen.                          

Autor: Mag. Patrick Baldia  (redaktion@boersen-kurier.at)