Wie ein Phönix aus der Asche
Nach einem holprigen Börsenstart und dem Cyberbetrug Anfang des Vorjahres hat sich das Blatt zum Guten gewendet. FACC profitiert vom Boom der Luftfahrtindustrie und ist auf dem besten Weg, das 1-MrdEuro-Umsatzziel zu erreichen. Ein Lokalaugenschein.
Seit Monaten läuft es bei FACC extrem gut, fast wöchentlich kommen erfreuliche Nachrichten und die Aktie reagiert dementsprechend: Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs nahezu verdreifacht. Das war aber nicht immer so.
Die Katastrophe 2016
Ein Rückblick: Nachdem die chinesischen Eigentümer im Juni 2014 knapp 45 % an FACC an die Börse gebracht hatten, wurde wenige Wochen später ein Quartalsverlust von 5,6 Mio Euro gemeldet. Dass dieser aufgrund des Hochlaufs von Neuprojekten eingeplant war, tröstete die Märkte nicht. Und es folgten weitere schlechte Nachrichten bis hin zu einer Gewinnwarnung im Jänner 2015. Die Analysten reagierten reihenweise mit Downgrades und im Mai 2015 schrieb die Erste Bank: „Schlimmer kann es fast nicht werden.“
Es konnte. Denn Ende Jänner 2016 überbrachte FACC die Hiobsbotschaft: einen Millionenschaden, verursacht durch eine Cyberattacke. Betrüger hatten im Namen der Geschäftsleitung per e-Mail eine Überweisung von 50 Mio Euro veranlasst. Im Mai 2016 stand fest: dieses „Fake President Incident“ belastete das Ergebnis des Konzerns mit 41,9 Mio Euro, am Schluss wurde der langjährige CEO Walter Stephan abberufen. Die Aktie erreichte ihren Tiefststand am 6. Juli 2016: 3,998 Euro
bedeuteten einen Verlust von mehr als 50 % seit der Emission.
Doch diesmal kam es wirklich nicht mehr schlimmer. Im Gegenteil: Was sich seither, in knapp eineinhalb Jahren, bei FACC getan hat, gleicht einem modernen Märchen. Und der Schaden von damals ist längst verdaut. Mehr als das: Zwischen August 2016 und August 2017 konnte FACC den Cashflow um
50 Mio Euro verbessern.
Alles ist wieder gut
„Seit fünf, sechs Quartalen halten wir, was wir versprechen“, bringt es CEO Robert Machtlinger im Gespräch mit dem Börsen-Kurier auf den Punkt. Mehr als 600 Mio Euro Auftragseingänge in den letzten Monaten sagen wohl alles.
FACC profitiert dabei vom „extrem positiven Markt“, so Machtlinger. Airbus und Boeing wachsen derzeit mit mehr als 5 % jährlich, im asiatisch-pazifischen Raum, in den mehr als die Hälfte aller neuen Flugzeuge gehen, beträgt das Wachstum 7 bis 9 % und in China allein 20 %. Das Potenzial ist enorm: Während jeder Europäer im Durchschnitt jährlich zwei Mal mit dem Flugzeug reist, sind es in China gerade 0,3 Flüge. Doch schon in zwanzig Jahren dürfte das Reich der Mitte mit seinen 1,3 Mrd Einwohnern sich auf westlichem Niveau befinden. Noch größer ist das Potenzial in Indien: von derzeit 0,03 Flugzeugreisen/Einwohner und Jahr soll diese Zahl bis 2035 auf 0,3 steigen.
Neue Player, neue Kunden
Derzeit wird der Markt von den beiden großen Anbietern Airbus und Boeing dominiert. Doch China besitzt eine langfristige Strategie: „ In den nächsten 15 bis 20 Jahren werden immense Gelder in die Luftfahrt investiert“, sagt Machtlinger (Foto). Ziel sei es, Nummer 3 zu werden: „Die Frage ist nicht ob, sondern wie schnell.“
Und FACC ist von Anfang an mit dabei. Beim ersten Projekt, der 2004 begonnenen Entwicklung ARJ21, sind die Oberösterreicher u.a. mit Innenausstattung, Kabine, Cockpitverkleidung und Küchen „an Bord“. Und beim zukünftigen Airbus-A320-Konkurrenten COMAC C919 liefert FACC die Hauptkabine, Winglets und Tragflügelkomponenten. Das Flugzeug befindet sich derzeit in der Zertifizierungsphase, es gibt bereits 750 Bestellungen. Ab 2022/23 könnte China „im großen Maßstab“ Flugzeuge auf den Markt bringen, erwartet Machtlinger.
Hilfreich ist dabei natürlich der chinesische Hauptaktionär. „Wir haben über AVIC einen direkten Zugang zum Markt, den würde ein anderer Anbieter nicht bekommen“, erklärt Machtlinger. Angst davor, kopiert zu werden, hat er nicht: „Was vor fünf Jahren Innovation war, ist heute Standard. Wir sind ständig einen Schritt voraus.“
Zukunftsthemen
Der Bedarf an neuen Flugzeugen in den nächsten 20 Jahren wird auf mehr als 40.000 geschätzt. Es ist das strategische Ziel von FACC, „mit unseren Technologien auf jedem Flugzeug vertreten zu sein“, so Machtlinger. Und ab 2022/23 werde die nächste Flugzeuggeneration gebaut, für die FACC wieder „mit Innovationen aufwarten“ werde.
Das ist aber nicht alles. „Sicher kommen“ werde das „Lufttaxi“, das mit elektrischem Antrieb fünf bis 20 Minuten fliegen werde können. In Dubai werde das gerade ausgetestet, und „wir haben ein paar Sachen im Laufen“, vor allem sei Leichtbau dabei ein Thema. „Die nächsten Jahre bleibt aber die Großfliegerei am wichtigsten.“
In mehreren Gruppen arbeitet FACC auch am Thema Digitalisierung und Industrie 4.0, das Machtlinger als „massive Chance für europäische Standorte“ sieht. Und auch IoT, das „Internet of Things“ wird in der Flugindustrie eine große Rolle spielen. Machtlinger erwartet Technologiesprünge, vergleichbar mit der Entwicklung des Smartphones in den vergangenen zehn Jahren. Vom Buchungsprozess über die Flugzeugwartung bis zur Vernetzung in der Maschine selbst reichen die Anwendungsmöglichkeiten.
Ziele
Es ist das schon seit einiger Zeit bekannte Ziel: 2020 will FACC 1 Mrd Euro profitablen Umsatz erwirtschaften. „Nach heutigen Prognosen werden wir das erreichen“, ist Machtlinger optimistisch. Danach wolle man aber nicht nur weiter organisch, sondern auch durch Akquisitionen wachen. „Wir wollen unseren globalen footprint erweitern, zum Beispiel in den USA, und in Technologien investieren, die wir derzeit nicht haben“. Vorstellbar wäre z. B. eine Zusammenarbeit mit Startups im Bereich 3D-Druck.
Je nachdem, wie groß eine Akquisition ausfallen würde, könnten verschiedene Finanzierungsformen angedacht werden. „Bei einer großen Akquisition wäre auch ein Secondary Public Offering möglich“, so Machtlinger zum Börsen-Kurier. Dabei könnte Großaktionär AVIC auch unter 50 % Anteil gehen: „Die Hauptvision von AVIC ist Wachstum, nicht 50 % plus eine Aktie.“
Autor: Marius Perger (redaktion@boersen-kurier.at)