Schönheit muss leiden

Klebstoffe stark, Körperpflege eher durchwachsen. Der Konsumkonzern aus Düsseldorf ist auf der Suche nach neuen Wachstumsquellen. Weil die Risiken auf dem aktuellen Kursniveau eingepreist sind, bietet das aktuelle Kursniveau Einstiegschancen für Antizykliker.

Hans van Beylen stapelt tief. Auch in diesem Jahr, so der Firmenchef von Henkel (ISIN: DE0006048432) auf der Hauptversammlung am 9. April, müsse sich der Konsumkonzern auf harte Preiskämpfe bei Waschmitteln und Kosmetik einstellen. Entwarnung gab van Beylen den Aktionären in einem anderen Punkt. In Nordamerika, wo Henkel 2017 immerhin 26 % seines Gesamtumsatzes von 20 Mrd Euro erzielte, wird sich im Laufe des zweiten Quartals die Lieferkette „wieder normalisieren“. Weil in Nordamerika Lagernetz und Lieferketten umgestellt werden, so Henkel bei der Präsentation der Geschäftszahlen für 2017, wird das Wachsmittel- und Kosmetikgeschäft im ersten Quartal ein negatives organisches Wachstum ausweisen.

Diese Ankündigung hatte den Aktienkurs im März erneut auf Tauchstation geschickt. Seit dem Allzeithoch vom Juni 2017 hat die Aktie rund 17 % an Wert verloren und befindet sich immer noch in einem charttechnischen Abwärtstrend. Die Investoren stören sich vor allem an der Kosmetik- und Waschmittelsparte mit ihren Topmarken Persil, Schwarzkopf und Fa. Mit einer operativen Marge von 13,8 % sind sie das Schlusslicht im Konzern.

Während das Friseurgeschäft gut läuft, schleppt sich das Massengeschäft dahin. Forderungen einzelner Aktionärsvertreter auf der Hauptversammlung, das Konsumentengeschäft abzustoßen, erteilte das Management jedoch eine Absage. Am wahrscheinlichsten ist, dass Henkel weiter zukauft. 3 Mrd Euro will der Konzern mit Hauptsitz in Düsseldorf dafür bis 2020 in die Hand nehmen.

Wer jetzt antizyklisch auf eine Trendwende setzt, baut auf dem aktuellen Kursniveau erste Positionen auf und hat dabei vor allem die zweite Konzernsparte im Blick. Die Hälfte von Umsatz und Gewinn entfallen auf Klebstoffe, die sich zuletzt stark entwickelten. Das breite Sortiment an Industrieklebstoffen beinhaltet auch Hochleistungskleber, wie sie zunehmend auch bei Leichtbaumaterialien in der Autoindustrie verwendet werden.

Für die Zahlen zum Auftaktquartal 2018, die Henkel am 9. Mai vorlegen wird, gehen Branchenexperten von einer verhaltenen Umsatz- und Gewinnentwicklung aus. Diese Entwicklung ist im Kurs eingepreist. Wichtiger wird der Ausblick. Hier hat Henkel zuletzt die bisherigen Prognosen bekräftigt – und die gehen für das Gesamtjahr von einem Umsatzwachstum von 2 bis 4 % aus. Das bereinigte Ergebnis je Vorzugsaktie soll 2018 um 5 bis 8 % zulegen. Mit dem 16-fachen des für 2019 erwarteten Gewinns je Aktie ist die Henkel Aktie deutlich günstiger bewertet als der DAX-Wettbewerber Beiersdorf  (DE00052 00000), der hier – bei einem doppelt so hohen erwarteten Gewinnwachstum – auf 25 kommt.
Das Nachholpotenzial und die höhere Dividende sprechen zurzeit für einen Einstieg bei Henkel.

Autor: Stefan Riedel, München  (redaktion@boersen-kurier.at)