Der Lithium-Rausch in der Kärntner Weinebene
Der Bestand des begehrten metallischen Stoffes in Kärnten ist unbestritten. Ein tatsächlicher Förderzeitpunkt und die künftige Wirtschaftlichkeit des Projekts bleiben aber Spekulation. Der Börsen-Kurier hat recherchiert.
Ein Unternehmen fokussiert auf die Förderung eines beträchtlichen Lithium-Vorkommens in Kärnten – durchaus fantasieanregend für spekulativ orientierte Anleger. Der Boom in der E-Auto-Industrie lässt diese Ausbeutung schlüssig erscheinen. Zudem erreichte Lithiumcarbonat (Ausgangsstoff für Lithiumhydroxid) auf den Weltmärkten kurzfristig eine Preisschwelle von mehr als 21.000 USD/t, potentiell ein lukrativer Bergbau. Für Investoren ist das langfristige Lithium-Preisniveau indes kaum abzuschätzen. Eine Gewähr einer anhaltenden Marktenge besteht nicht. Eine weitere Zunahme der Angebotskapazitäten durch eine Lokalisierung bedeutender Lithium-Reserven oder eine nachteilige technologische Entwicklung könnte dem Preis erheblich zusetzen.
Mit einem Ideal-Szenario wirbt das australische Unternehmen European Lithium Ltd. (ISIN: AU000000EUR7) als Projektbetreiber. 546 Mio Aktien der Gesellschaft sind seit 2010 an der ASX in Sydney notiert und weisen mit einer Notiz von 0,19 AUD eine Kapitalisierung von 104 Mio AUD auf. (Anm.: Die Aktie wird auch an der Wiener Börse im Dritten Markt gehandelt.) Mehrere Aktienbezugsprogramme sind für das Management durch Optionen implementiert.
Katharina Löckinger, Europa-Kommunikationsleiterin des Unternehmens, hält den Produktionsbeginn im Jahr 2020 für realistisch, weist aber auf die Abhängigkeit anderer Partner hin. Anvisiert werde eine Abbaurate von 800.000 Tonnen/Jahr, entsprechend einer kalkulierten Lithiumhydroxid-Produktion von 10.000 Tonnen. Die Minenlaufzeit sei mit 20 bis 25 Jahre kalkuliert. Mit Produktionskosten von etwa 6.000 USD/t, locke eine hohe Gewinnmarge. Als Voraussetzung für eine end-gültige Entscheidung führt Löckinger eine zweistellige Millionen-Subventionen an. Der geplante Untertagebergbau, der auch die Weiterverarbeitung einschließe, spreche für geringe Widerstände. Dabei werde die Schaffung von 400 Arbeitsplätzen in der Region in Aussicht gestellt – zuzüglich der Perspektive einer Nachsogwirkung weiterer Unternehmen.
Zweifel an reibungsloser Umsetzung
Der Leiter des Lehrstuhls für Geologie der Montanuniversität Leoben, Frank Melcher, weist im Gespräch mit dem Börsen-Kurier auf das Wissen um diese Ressourcen im Lavanttal seit den 1980er-Jahren hin. „Das Erz ist durch Bohrungen und Stollen dargestellt. Erkundete neue Reserven wurden bestätigt und vergrößern das Potential. Das Erz hat eine gleichbleibend hohe Qualität und ist somit wirtschaftlich verwertbar“, so Melcher. Es gebe weltweit vergleichbare Vorkommen, die Weinebene sei aber von einer beachtlichen Größe. Als logistische Herausforderungen sieht der Geologe unter anderem die Infrastruktur (Höhenlage, Straßenanbindung), die Entfernung zum diskutierten Aufbereitungsstandort, sowie die Abraumlagerung. Es gebe aber bei Explorationsvorhaben im Bergbau stets viele Gründe, weshalb so ein Projekt dennoch scheitern kann.
Zum Thema Umweltschutz (hohe Relevanz) verneint die Abt. 8 des Landes Kärnten bisher zu dem Vorhaben Informationen erhalten zu haben. Auch Albert Kreiner teilt als Amtsleiter für Wirtschaft und Infrastruktur aus Klagenfurt mit: „Bislang wurden wir nicht weitergehend in das Projekt eingebunden.“
Die Abteilung Energie und Bergbau des BM für Nachhaltigkeit und Tourismus in Wien bestätigt dazu die vergebenen Lizenzen zur Untersuchungsarbeit der Vorkommen, nicht aber in Bezug zur bergbaurechtlichen Genehmigung. Der Bauamtsleiter der Gemeinde Frantschach-St. Gertraud, Roland Kleinszig, zeichnet ein örtliches Bild über den Stand: „Detailarbeiten am Probestollen sind im Laufen. Fragezeichen bestehen. Ungeklärt ist die Standortwahl für das Aushubmaterial. Die zeitliche Angabe einer anvisierten Fördertätigkeit ab 2020 halte ich für sehr ambitioniert.“
Die Bürgermeister der Region meiden es hingegen, sich zu dem Projekt zu äußern. Weder Hans-Peter Schlagholz (Wolfsberg) noch Günther Vallant (Frantschach) waren trotz mehrfacher Nachfrage des Börsen-Kurier bereit, zum Projekt Stellung zu beziehen.
Autor: Roman Steinbauer (redaktion@boersen-kurier.at)