Ertragschancen vor der eigenen Haustüre
Auch wenn Experten betonen, dass – was die Renditen betrifft – die „Bäume nicht in den Himmel wachsen“, so sind europäische Unternehmensanleihen wieder attraktiver geworden.
Sind in US-Dollar denominierte Investmentgrade-Unternehmensanleihen eine Überlegung wert? Auf den ersten Blick bestätigt die aktuelle durchschnittliche Rendite von rund 4 % diese Einschätzung. Zum Vergleich: Mit Euro-Papieren gleicher Qualität sind knapp 1 % drinnen. Markus Peters, Senior Portfolio Manager Fixed Income bei AllianceBernstein (AB), hat dazu jedenfalls eine klare Meinung: „Zwar mag eine Anleiherendite in US-Dollar lukrativ wirken, doch wenn europäische Anleger das Währungsrisiko eliminieren wollen, entfällt zugleich das Gros der laufenden Rendite.“
Tatsächlich waren die Kosten einer Währungsabsicherung schon niedriger. So belaufen sich laut AB die jährlichen Hedgingkosten für ein in USD denominiertes Investment in Euro-Depots aktuell auf rund 2,75 %. „Langfristig sollten bei einer Angleichung des Zinsdifferentials am kurzen Ende die Hedgingkosten auch wieder sinken“, sagt Marc Herres, Senior Portfolio Manager Credits bei Union Investment, gegenüber dem Börsen-Kurier. Er glaubt, dass mit US-Unternehmensanleihen nach Abzug der Hedgingkosten noch immer um 40 % mehr Rendite zu lukrieren wäre als mit europäischen.
Bei Union Investment sieht man US-Unternehmensanleihen (in USD) aktuell jedenfalls als „verhalten attraktiv“ an. „Wir finden, dass US-Corporates insgesamt nicht attraktiver sind als europäische Bonds“, so Herres. Die Renditen und Spreads wären zwar höher, allerdings aber auch das Risiko und die durchschnittliche Restlaufzeit. In fundamentaler Hinsicht sei der Unterschied zwischen dem US- und dem europäischen Markt hingegen nicht so groß. Allerdings würden US-Unternehmen – über Aktienrückkäufe und Dividendenerhöhungen – aktionärsfreundlicher auftreten als europäische.
Wie Georg Nitzlader, Leiter der Abteilung Unternehmensanleihen in der Raiffeisen KAG, ausführt, sind die Renditen von Euro-Hochzinsanleihen in den vergangenen Wochen deutlich attraktiver geworden. „Im Durchschnitt können derzeit mehr als 3 % lukriert werden – Ende 2017 waren es noch weniger als 2 %“, so der Experte im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Auch die Renditen von Euro-Unternehmensanleihen mit Investmentgrade-Rating wären zuletzt gestiegen – zum Teil, weil die Renditen von Staatsanleihen angezogen hätten. Der Durchschnitt liege bei etwas mehr als 1 %.
„Zuletzt haben wir in Europa deutlich attraktiver bepreiste Investmentgrade-Emissionen gesehen“, so Nitzlader. Es zeige sich, dass Investoren nicht mehr dazu bereit wären jeden Spread zu kaufen. Die Spreads wären von der EZB lange Zeit eng gehalten worden, was für die Emittenten positiv gewesen sei, da sie sich billig refinanzieren konnten. Für Nitzlader gibt es jedenfalls nach wie vor für Anleger, die kein hohes Risiko eingehen wollen, wenige Alternativen zu Unternehmensanleihen. Corporate Bonds mit guter bis sehr guter Bonität wären attraktiver als Staatsanleihen. Die Unternehmen wären hoch kapitalisiert, moderat verschuldet und global diversifiziert.
Attraktives Einkommen
„Nach vielen Jahren globaler Anlagemöglichkeiten im Rentenbereich haben also hohe Hedgingkosten in Kombination mit einem verbesserten konjunkturellen Umfeld dafür gesorgt, dass es sich jetzt wieder lohnen kann, vor der eigenen Haustüre nach Ertragschancen zu suchen“, sagt Peters. Er glaube, dass ein sorgsam ausgewogener Mix an europäischen Anleihen – bei einem durchschnittlichen Investmentgrade-Rating – immer noch Renditen von mehr als 2,3 % abwerfen könne. Im globalen Zeitalter niedriger Zinsen sei das durchaus ein attraktives Einkommen.
Autor: Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)