„Kohle machen„ ohne Kohle

Wenn Unternehmen gegen sogenannte „ESG-Kriterien“ verstoßen, birgt das für sie selbst und für Investoren Risiken. Im Umkehrschluss sieht die Investmentfirma DWS verantwortungsvolles Investieren als Chance. Ein gutes Beispiel bietet der Umgang mit fossilen Brennstoffen.

Es ist ein Gerücht, das schon lange widerlegt ist, sich jedoch unter manchen Investoren noch immer hartnäckig hält: Nämlich, dass nachhaltige Investments letztendlich die Performance schmälern würden. Susana Penarrubia, Head of ESG (Environmental, Social, Governance) Integration bei DWS, untermauert mit empirischen Fakten, dass es sich hierbei um eine Mär handelt: „Basierend auf der Aggregation von mehr als 2.200 empirischen Studien, die seit den 1970er geschrieben wurden, belegen die Autoren einen klaren Business Case für verantwortliches Investieren. Mehr als 50 % dieser Studien finden einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen ESG und CFP (Corporate Financial Performance); weniger als 10 % einen negativen.“ Die Expertin führt gegenüber dem Börsen-Kurier weiter aus: „Der positive Zusammenhang zwischen ESG und Finanzperformance hat sich über die vergangenen Jahrzehnte trotz stärkerem Kapitalmarktfokus nicht abgeschwächt. Das lässt den Schluss zu, dass verantwortliches Investieren für alle Arten von Anlegern relevant ist, um sie bei der Erfüllung ihrer treuhänderischen Pflichten zu unterstützen.“

Gefahr für Investoren

Im Umkehrschluss kann es ins „Auge gehen“, wenn ESG-Risken nicht beachtet werden. Ein gutes Beispiel bietet dafür der Klimawandel, hier stehen vor allem Emittenten von Treibhausgasen oder Unternehmen mit hohen fossilen Brennstoffreserven im Fokus. Beispielsweise würden diese Konzerne bei staatlich verordneten Maßnahmen zur Emissionsverringerung das Risiko einer Anpassung an eine kohlenstoffarme Wirtschaft tragen, das finanzielle Risiko müssten Investoren schultern. Zwar haben einige der betroffenen Unternehmen bereits begonnen, ihre Investitionen in erneuerbare Energien und kohlenstoffarme Technologien zu erhöhen. Auch hier bleibt aber das Risiko bestehen, das Geschäftsmodell könne sich als zu träge erweisen, dann sind Anleger mit einem erheblichen Aktienkurs- und Dividendenrisiko konfrontiert. Wie geht nun DWS mit dem Thema fossile Brennstoffe in ihrer Investmentstrategie um?

Dazu Penarrubia: „Grundsätzlich beobachtet die DWS die Veränderungen und Risiken, die sich aus den Klimawandel ergeben, sehr genau. Unser Investmentprozess basiert auf der Fundamentalanalyse von Einzelwerten. Wir betrachten jedes Unternehmen separat und analysieren potenzielle Auswirkungen des Klimawandels. Die Industrien mit einem signifikanten Bezug zu fossilen Brennstoffen wie Öl-Unternehmen, Versorger, etc. haben natürlich ein größeres Risiko. Das hat Konsequenzen für unsere Investmentstrategie und -entscheidung.“ DWS integrieret deshalb in der Unternehmensanalyse neben den konventionellen Finanzkennzahlen wie Gewinnschätzungen, Analysten-Sentiment, Cash-Flow und Bilanzanalysen etc. auch wesentliche nichtfinanzielle Informationen. „Dazu zählen bspw. die Analyse von Chancen und Risiken, die sich aus ökologischen Kriterien – Klimaschutz, CO2 und Kohle – ergeben können. Einfließende Aspekte sind beispielsweise die Relevanz von Wasser für den Herstellungsprozess, das regionale Risiko durch Wassermangel, Carbon-Intensität, Exposure zur Energiewende, Versicherung bzw. Deckung möglicher Naturkatastrophen usw.“, so Susana Penarrubia.

Kein Total-Ausschluss

Der Mangel an einer Klimawandelstrategie und/oder einer Carbon-Richtlinie hat laut der Expertin meistens negative Auswirkungen auf alle erwähnten Stellgrößen, vor allem auf die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und der zukünftigen Finanzstärke der Firma. Penarrubia: „Selbstverständlich können die Unternehmen, die sich mit emissionsarmen und klimafreundlichen Lösungen befassen, ein großes Potenzial aufweisen.“ Anstatt also alle betroffenen Unternehmen (z.B. aus der Öl-Industrie) vollständig zu eliminieren, kann der Rückzug auf Unternehmen beschränkt werden, die sich in der Erschließung neuer kohlenstoffreicher Energiereserven engagieren oder die das Klimarisiko nicht ausreichend stark managen. Andererseits können laut DWS solche Unternehmen favorisiert werden, die am besten darauf vorbereitet sind, den Übergang zu einem kohlenstoffarmen Unternehmen zu bewältigen. Letztlich ist das ein Ansporn für Firmen, die den ESG-Trend bisher „verschlafen“ haben.

Autor: Mag. Harald Kolerus (redaktion@boersen-kurier.at)