Österreichische Aktien als Brexit-Opfer?

Noch immer ist unklar, wie der Brexit aussehen wird und die Angst vor einem harten EU-Austritt ist groß. Vereinzelt sind auch österreichische Aktien vom Brexit betroffen. Vor allem die Pfundabwertung beschneidet Margen und Absatzpotenziale bei Exporten nach Großbritannien.

Falls Großbritannien im März 2019 ohne Abkommen aus der EU aussteige und damit Binnenmarkt und Zollunion sofort verlasse, würde dies in diversen europäischen Industriebetrieben zu einer schweren Störung und Unterbrechung der Produktion führen. Das gilt vor allem für Airbus, die im Falle eines harten Brexits einen Teilrückzug aus Großbritannien erwägt. Ähnliches gilt für BMW, die im UK Mini und Rolls-Royce-Fahrzeuge produziert und rund 90 % der dafür verwendeten Teile vom europäischen Festland bezieht.

Laut einer von Deloitte im Juni 2017 veröffentlichten Studie würde 2019 ein harter Brexit dazu führen, dass im UK die Autoabsatzzahlen von Herstellern aus Deutschland und der restlichen EU27 um jeweils 31 bzw. 36 % einbrechen. Annahmen: WTO-Zölle auf Autoteile und Autos von je rund 4,5 bzw. rund 10 %, sowie ein Pfund-Wechselkurs von konstant 10 % unter dem Niveau vor dem Brexit-Referendum am 23.6.2016. Bei voller Weitergabe der Steigerung der Kostenbasis würde sich dann der durchschnittliche Listenpreis eines EU27-Autos in Großbritannien um 21 % verteuern. Das Pfund hat vom 22.6.2016 bis 14.7.2017 bereits gut 13 % gegenüber dem Euro abgewertet, und das BIP-Wachstum Großbritanniens verlangsamte sich von 1,9 % im 2. Quartal 2017 auf 1,2 % im 1. Quartal 2018.

Österreich am Rande betroffen

Das direkte Brexit-Exposure für Österreich hält sich jedoch laut einer am 15. Juni 2016 von Erste Group Research veröffentlichten Studie in engen Grenzen: Das Volumen der Exporte nach Großbritannien lag in Österreich bei lediglich 1,25 % des BIP von 2015. Bei den börsennotierten Banken und Unternehmen ist das Brexit-Exposure minimal. Während die Banken auf Zentral- und Osteuropa fokussiert sind, sind nur sehr wenige Firmen vom Brexit unmittelbar betroffen. Doch die indirekten Wirkungen über Brexit-geschädigte Kunden österreichischer Firmen bleiben abzuwarten. Fakt ist, dass es bereits ein erstes erkennbares Brexit-Opfer an der Wiener Börse gibt.

Zumtobel ist „Brexit-Prügelknabe“

Laut Christoph Schultes, Analyst der Erste Group ist das Zumtobel. Die Analysten der Erste Group haben bereits im November vergangenen Jahres aufgrund zurückgenommener Schätzungen Zumtobel auf verkaufen gestuft. Schon in der Brexit-Studie 2016 haben die Analysten der Erste Group ein hohes Brexit-Exposure für Zumtobel erkannt. Zumtobel hat Betriebsstätten in Großbritannien und erzielte laut Erste Group dort 2015 18 % der Umsätze. Besonders deutlich ist im Zumtobel-Geschäftsbericht 2017/18 (das Geschäftsjahr endet per 30.4.) eine Passage aus dem Brief des Vorstandsvorsitzenden an die Aktionäre: „Regional betrachtet waren die Umsatzrückgänge insbesondere im wichtigsten Absatzmarkt Großbritannien mit einem Minus von über 20 % sehr ausgeprägt.“ Obwohl der Vorstand für das laufende Geschäftsjahr eine leichte Verbesserung des bereinigten EBIT anstrebt, gibt es mehrere Fragezeichen: „Vor dem Hintergrund der großen anstehenden Veränderungen im Unternehmen, des allgemein intensiven Preiswettbewerbes in der Beleuchtungsindustrie und des deutlich verschlechterten Marktumfeldes in dem für die Zumtobel Group wichtigsten Absatzmarkt Großbritannien ist eine Aussage zur Umsatz- und Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2018/19 mit großer Unsicherheit verbunden“, so der O-Ton des Vorstandsvorsitzenden, Alfred Felder. Die Zumtobel-Aktie hat binnen eines Jahres 65 % an Wert verloren und das Ergebnis/Aktie drehte 2017/18 mit -1,04 Euro nach +0,58 Euro im vorangegangenen Geschäftsjahr ins Minus.

Wienerberger: Trotz Brexit auf Höhenflug

Nach Zumtobel – jedoch mit einigem Abstand – ist laut Schultes Wienerberger zu nennen, für die der Brexit aber eine untergeordnete Rolle spielt. 2016 drückte die Pfundabwertung auf das Ergebnis des Ziegelherstellers. Im Jahr 2016 erzielte Wienerberger rund 10 % des Umsatzes in Pfund. Bei 2,97 Mrd Euro Konzernumsatz lagen die negativen Fremdwährungseffekte bei insgesamt 60,9 Mio Euro. Sie waren vorwiegend auf die Abwertung des britischen Pfunds, des polnischen Zloty, der norwegischen Krone und der türkischen Lira zurückzuführen. Nach dem Geschäftsjahr 2017 war der Brexit bestenfalls noch ein Randthema, denn er konnte nicht verhindern, dass mit mehr als 3,1 Mrd Euro ein Rekordumsatz erwirtschaftet wurde und der Nettogewinn um 50 % auf ein 10-Jahres-Hoch von 123 Mio Euro anstieg.

Über das schwache Pfund und einen gedämpften Absatz in Großbritannien ist Wolford vom Brexit betroffen. Dazu der Lagebericht 2017/18: „In Großbritannien sank der Umsatz um 9,6 %. Neben der Abwertung des Pfundes machten sich hier die Auswirkungen des Brexits und der Verlust eines umsatzstarken Shopstandortes bemerkbar.“

Bezüglich DO & CO, bei der schon vor dem Brexit Pfund-Wechselkursschwankungen ein Thema waren, äußerte sich Schultes gegenüber dem Börsen-Kurier wie folgt: „Für die DO & CO könnte eine gewonnene Ausschreibung der British Airways 100 Mio Euro oder mehr bringen, da spielen Brexit-Gedanken keine Rolle mehr.“

Polytec bis dato noch verschont

Dann sollte noch ein Blick auf den Automobilzulieferer Polytec geworfen werden, auf den sich infolge des Brexit mögliche Störungen internationaler Lieferketten direkt und indirekt – vor allem über die deutsche Automobilindustrie – negativ auswirken könnten. Polytec erwirtschaftet rund 91 % des Konzernumsatzes in der Autobranche. Im 1. Quartal 2018 fallen unter anderem 34 % des Konzernumsatzes auf VW, 15,1 % auf Daimler, 7,0 % auf Jaguar/Land Rover und 4,1 % auf BMW.

Ende April 2018 lagen Polytec laut Quartalsbericht aber keine wesentlichen Auswirkungen auf das operative Geschäft vor, „die auf den beabsichtigten Austritt des UK aus der EU oder auf Folgen etwaiger Einschränkungen des internationalen Warenaustausch zurückzuführen gewesen wären“.

Autor:  Michael Kordovsky  (redaktion@boersen-kurier.at)