Wiener Börse im Vergleich günstig

Trotz der leicht negativen Performance seit Jahresbeginn glauben Experten, dass der ATX das Jahr 2018 noch im leicht positiven Bereich abschließen könnte

Diverse geopolitische Ereignisse haben dem ATX in der ersten Jahreshälfte 2018 ihren Stempel aufgedrückt. Von den fundamentalen Zahlen her ist das Minus von knapp 5 % des heimischen Leitindex nämlich nicht wirklich zu rechtfertigen. „Für die negative Entwicklung gibt es keinen einzigen innerösterreichischen Grund“, sagt Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft im Gespräch mit dem Börsen-Kurier.

BIP-Prognose 2018: +2,9 %

Wögerbauer verweist auf die „bes­tens laufende Wirtschaft“ sowie das für 2018 prognostizierte BIP-Wachstum von 2,9 %. Auch die Berichtsaison sei zuletzt sehr gut gelaufen. In die gleiche Kerbe schlägt Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Group. Er erwartet, dass die Gewinne der ATX-Unternehmen heuer um durchschnittlich 52 % ansteigen werden. „Auch wenn hier Einmaleffekte wie die deutlich höheren Gewinne des Indexschwergewichts OMV eine Rolle spielen“, sagt er. Für 2019 liege die Gewinnprognose bei +11 %. Dazu komme, dass der Wiener Markt mit einem für 2018 erwarteten KGV von 14x (2019e: 12x) ver­gleichsweise günstig sei.

„Störfaktoren wie der aktuelle Handelskrieg, die politische Unsicherheit in Italien oder der Streit unter den Regierungsparteien in Deutschland überschatten nach wie vor die Fundamentaldaten“, so Mostböck weiter. Die Sanktionen gegen Russland wären im Wesentlichen „gegessen“. Zudem gebe es nicht viele ATX-Unternehmen, die dort engagiert wären. Eine deutlich größere Bedeutung habe der CEE-Raum, der nach wie vor wirtschaftlich gut unterwegs sei.

Enttäuschungen haben Experten unter den ATX-Werten im ersten Halbjahr nicht wirklich ausgemacht. Für die Erste Group gehören aktuell OMV, AT&S und Palfinger zu den Top-Picks. Wögerbauer hat zuletzt keine großen Veränderungen in seinem Portfolio vorgenommen, wie er meint. Nach wie vor habe er etwa die Immowerte Immofinanz, CA Immo und S Immo übergewichtet. „Die Neuordnung der heimischen Immobiliengesellschaften ist noch nicht abgeschlossen“, sagt er. Gut gefallen ihm nach wie vor auch die Financials Erste Group und VIG. Aber auch Zyklikern wie STRABAG, Lenzing oder Palfinger hält er weiterhin die Treue – „dabei handelt es sich um lauter gut geführte Unternehmen“, so der Fondsmanager.

Was den ATX-Stand Ende 2018 betrifft, so erwartet Mostböck ein Plus zwischen 5 und 10 % gegenüber dem Jahresbeginn. „Jetzt  sollten die fundamentalen Daten erst recht durchschlagen“, sagt der Chefanalyst der Erste Group. Vorausgesetzt, es werde zu keinen unerwarteten politischen Ereignissen, wie etwa dem Platzen der Regierung in Deutschland, kommen.

Auch Wögerbauer gibt sich für die Entwicklung des heimischen Leitindex in der zweiten Jahreshälfte nicht pessimistisch, verweist aber auf die Abhängigkeit von der internationalen Nachrichtenlage.

Kein Crash erwartet

„Ich kann mir gut vorstellen, dass Donald Trump im November vor den Midterm Elections die eine oder andere Äußerung von sich geben wird, die die Börsenkurse nach oben bringt“, so Wolfgang Matejka, Geschäftsführer Matejka & Partner. Unter diesem Aspekt erwarte er ein gutes zweites Halbjahr – ob der ATX Ende 2018 im Plus stehen werde, sei allerdings schwer zu sagen. Aus heutiger Sicht scheine ein Punktestand von 3.400, was eine Jahresperformance von rund 6,4 % bedeuten würde, möglich. Nachsatz: „An einen Crash glaube ich jedenfalls nicht.“

Autor: Mag. Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)