Die Lehren aus Davos
Globale Antworten gesucht: das Weltwirtschaftsforum im Resümee.
Rudolf Preyer. Kommt die Rede auf das Weltwirtschaftsforum in Davos, wird zunächst meist gefragt: Und wer war nicht dabei?
Die 49. Ausgabe des World Economic Forums (WEF) musste ohne die britische Premierministerin Theresa May und ohne Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron auskommen: die hatten genug innenpolitische Probleme. US-Präsident Donald Trump begründete seine Absage mit Verweis auf den – mittlerweile beendeten – Haushaltsstreit.
Nichtsdestoweniger debattierten rund 3.000 Teilnehmer vergangene Woche im Graubündner Bergdorf zum Generalmotto „Globalisierung 4.0“ – zur vierten industriellen Revolution, die WEF-Chef Klaus Schwab so zusammenfasste: „Wir befinden uns in einem Kampf zwischen Menschen und Robotern.“
Was nehmen die Davos-Akteure also vom „Prä-Jubiläums-Summit“ mit auf den Heimweg?
Spots auf Topics
Der UBS-Präsident Axel Weber hielt eine Konsolidierung unter den europäischen Großbanken für notwendig. Ratlos hingegen wirkte die Facebook-Managerin Sheryl Sandberg angesichts allseitiger Sicherheitsbedenken gegenüber US-Tech-Giganten: „Bitte vergessen Sie nicht, wie viel Gutes wir tun.“ Eindrücklich zeigte das WEF 2019, dass der europäische Kontinent im weltweiten Technologie-Ringen von den USA und China zum Zusehen verdammt wird.
Mit einer zur umfassenden Überwachung verzweckten künstlichen Intelligenz bedrohe der chinesische Präsident Xi Jinping offene Gesellschaften rund um den Globus, ätzte der Investor und Philanthrop George Soros. Jack Ma von Alibaba – Chinas E-Commerce-Riese – prophezeite gar, dass der Wettlauf um neue Technologien in den Dritten Weltkrieg münden könnte.
Die Österreich-Tangente
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz plädierte für ein „neues europäisches Selbst-bewusstsein“, die Expertise bei Elektroautos und Batterien müsse ebenso wie in digitalen Schlüsselfeldern ausgebaut werden: „Wir sollten wieder der Kontinent der Unternehmensgründungen werden“, sagte Europas jüngster Regierungschef vor den versammelten Wirtschaftseliten. Mit den Bossen von Internetkonzernen erläuterte Kurz die geplante Digitalsteuer, die Österreich den IT-Riesen auferlegen möchte – vorerst im EU-Alleingang.
Harter Schnitt: Russland habe Energie immer zur politischen Einflussnahme und als Druckmittel benutzt, kritisierte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite am durch die Ostsee führenden Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2, an dem auch die OMV beteiligt ist. Die baltischen Staaten und Polen verstehen die – bereits mit dem Bau begonnene – Trasse nicht nur als ökonomische sondern auch als sicherheitspolitische Bedrohung, die Ukraine fürchtet um ein Austrocknen ihrer Transitleitungen in die EU.
Die zum Umdenken aufgerufene deutsche Regierung schmetterte dieses Anliegen ab: Kanzlerin Angela Merkel erklärte, dass Deutschland auch weiterhin Erdgas aus Russland beziehen werde (wolle man auf Kohle und Kernkraft verzichten) – sei doch schließlich der Kompromiss „ein Ergebnis des Handelns verantwortlicher Politik“, so Merkel (wohl auch mit Blick auf den Brexit).
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