Berufsunfähigkeit: „So viel kann man verlieren“

Die Österreicher sind unterdurchschnittlich gegen Berufsunfähigkeit versichert.

Rudolf Preyer.Eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit gehört in Österreich (noch) nicht zum Standard, wie eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Auftrag des Versicherungsverbandes Österreich (VVO) zeigt.

Konkret hat gegenwärtig nur jeder 25. beschäftigte Österreicher eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese 4 % nehmen sich äußerst schmal gegenüber den Zahlen in Deutschland bzw. in den USA aus: Dort hat jeweils ein Drittel mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung vorgesorgt.

Berufsunfähigkeitsversicherungen springen grundsätzlich ein, wenn eine Person aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachkommen kann. Die heimische Statistik sieht diesen Fall bei den unter 25-jährigen für eine unter 10.000 Personen gegeben. Bei den 45-Jährigen hingegen sind schon 14 Personen im 10.000er-Schnitt betroffen, bei den 60-Jährigen gar 110 aus dem 10.000er-Sample.

Laut WIFO-Studienautor Thomas Url verlieren Männer mit 25 Jahren bei Berufsunfähigkeit – so sie nicht versichert sind – von einem Drittel bis zur Hälfte ihres künftig noch zu erwartenden Nettolebenseinkommens. Die Entgangspanne bewegt sich bei gleich alten Frauen in einem leicht nach unten verschobenen Spektrum.

Die gegenständliche Studie belegt klar: Je älter man wird, desto mehr nimmt die hypothetische Einkommenslücke durch eine Berufsunfähigkeit ab. Bei 60-jährigen Männern schwankt diese zwischen sechs und zehn Prozent, bei Frauen zwischen acht und elf Prozent, so Url.

Adressaten einer Berufsunfähigkeitsversicherung

Für Studienautor Url sind insbesondere „junge, gut ausgebildete Menschen, denen potenziell eine große Karriere bevorsteht, wie Akademiker oder technische Fachkräfte“ Adressaten einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Grundsätzlich springt der Staat im Falle einer Berufsunfähigkeit mit 70 % des Letzteinkommens ein. Gerade den oben Beschriebenen müsste das sauer aufstoßen, zumal deren Einkommenskurve erst später in ihrer Berufskarriere deutlicher nach oben ausschlägt.

Bei einer staatlichen Auszahlung könne sich solcherart eine Einkommenslücke von 30 bis 50 % ergeben, so Url, weil eben der Staat nur das aktuelle Einkommen berücksichtigt, und nicht das künftig zu erwartende. Kurzum: Es wird so getan, als bliebe das Einkommen gleich.

Prämienaufkommen

Im Jahre 2017 wurden in Österreich aus Berufsunfähigkeitsversicherungen knapp 30 Mio Euro an Prämien eingenommen, aufgeteilt auf rund 60.000 Verträge. So errechnet sich im Durchschnitt eine Jahresprämie von 500 Euro. Ein Jahr zuvor waren es erst 22 Mio Euro Prämien aus knapp mehr als 40.000 Versicherungsverträgen. Ein deutlicher Nachfrage-Trend ist somit auszumachen. Und was die Versicherungssumme betrifft: Diese stieg zuletzt von 2,05 auf 2,37 Mrd Euro. Bleibt abzuwarten, ob sich dieser verstärkte Nachfrage-Trend bei den Berufsunfähigkeitsversicherungen fortsetzt. Jedenfalls werden die Gefahren generell nicht geringer.

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