Der Brexit verunsichert den Kunstmarkt

Als hätte der Graffiti-Künstler Banksy das „Affentheater“ rund um den Brexit vorausgeahnt: sein vor rund zehn Jahren erschaffenes Bild des britischen Unterhauses

Lea Schweinegger.Bekannt ist, dass sich Kunstschaffende, Museen, Filmproduzenten sowie Stars aus der Film- und Musikbranche unermüdlich gegen den Brexit stark gemacht und in gesellschaftspolitischer Hinsicht vor dem Ausstieg gewarnt haben. Was jedoch die Kunst- und Kulturszene am meisten bewegt, sind die Fragen der Freizügigkeit nach dem EU-Austritt. Dazu zählen unter anderem die Kosten der Transporte, die bürokratischen Hürden und Verzögerungen, Visapflicht, schärfere Regulierung, Steuern und Zollkontrollen.

Harter Brexit wahrscheinlicher
Große Unsicherheit jedenfalls auch für den Kunsthandel. Nun stemmt sich der Londoner Markt, der nach New York die wichtigste Drehscheibe im Kunstbereich ist, gegen den Brexit. Aber es wird nicht viel helfen. Denn nach den misslungenen Versuchen von Theresa May, einen halbwegs geregelten Austritt anzusteuern, fährt nun wohl die Eisenbahn drüber, wie es so unschön heißt. Kommt es, wie aktuell wahrscheinlich, zum ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU, hätte das sehr wohl auch Auswirkungen auf den globalen Kunstmarkt.

Drittgrößter Markt
Nimmt man die Staaten als Ganzes, so ist Großbritannien nach den USA und China mit knapp 14 MrdUSD jährlichem Umsatz der weltweit drittgrößte Markt. Zusammen besitzen sie einen Marktanteil von mehr als 80 %. Und: Allein 2017 belief sich der gesamt Umsatz auf dem globalen Kunstmarkt auf rund 67,4 MrdUSD.

Graffiti-Künstler zum Brexit
Ein Bild des geheimnisvollen britischen Graffiti-Künstlers Banksy, das er nach eigenen Angaben vor zehn Jahren gemalt hatte, rückte am 30. März in den Fokus der Medien und sorgte nicht nur in Großbritannien für Aufsehen. Auf dem Gemälde besetzen Schimpansen die Bänke des britischen Unterhauses. Das Gemälde trägt den Titel „Devolved Parliament“. Es ist in einem Museum in Bristol ausgestellt, um den damals offiziellen „Brexit-Tag“ am 29. März zu markieren, berichtete die englische Daily Mail am vergangenen Freitag. Der Künstler selbst soll der Bristol Museum & Art Gallery die Erlaubnis erteilt haben, das vier Meter breite Werk anlässlich des geplanten Termins für den EU-Austritt zu zeigen. Andererseits: Man erinnere sich an den Auktions-Coup von Banksy im Herbst des Vorjahres, als er sein eigenes Werk vor dem Publikum von Sotheby’s schredderte. Die Kunstmetropole an der Themse stand international im Blickpunkt. War diese Aktion ein letztes Aufbäumen vor einer eventuellen Selbstbeschädigung oder ein Wink des Zeigefingers auf die internationale Bedeutung der englischen Hochburg? Man wird sehen. Jedenfalls nahmen Künstler der Insel in Arbeiten Stellung zum Brexit und pendeln laut Informationen zwischen Humor und Verzweiflung.

Kunsthandel skeptisch
Argwöhnisch sind naturgemäß auch die Kunsthändler in London. Der Kunsthandel in Großbritannien profitiert bislang vom geringen Einfuhrumsatzsteuersatz von 5 %. Es ist der niedrigste in der EU. Andererseits jedoch sollten die britischen Auktionshäuser diese Ängste nicht schüren, da es laut Sotheby’s Rekordverkäufe im Vorjahr gegeben hat. Auch die „Frieze Art Fair London“ mit mehr als 160 weltweit führenden Galerien und mehr als 1.000 ausstellenden Künstlern sowie superreichen Besuchern soll 2018 erfolgreich über die Bühne gegangen sein. Man könnte aber auch meinen, dass es vor dem Brexit noch zu Hamsterkäufen kam.

Foto: Banksy/Instagram