Alexa und Co. statt Birgit und Franz?

Was künstliche Intelligenz in der Beratung (bereits) kann.

Marius Perger. Sogenannte „Chatbots“, wie sie auch von Versicherungen bereits angeboten werden, sollen nur der Anfang sein. Noch schaffen sie keine intelligente Konversation, doch neue Entwicklungen wie „Natural Language Understanding“ verstehen auch den Kontext eines Gesprächs. Und virtuelle Assistenten wie Alexa & Co. stehen als potenzielle Plattformen für Finanzberatung zur Verfügung. Langfristig stellt sich aber die Frage, wem die Kunden vertrauen werden. Digitalisierung war auch das zentrale Thema des „Innovation Day“ der Together CCA GmbH in der vergangenen Woche.

Der Frage, welchen Stellenwert die digitale Welt in der Beratung einnimmt und wie die weitere Entwicklung aussehen könnte, widmete dabei sich Frederik Schorr, er ist der COO der Riskine GmbH, eines Unternehmens, das sich „intelligente Lösungen für die digitale Beratung“ als Ziel gesetzt hat.

Schorr ging einleitend darauf ein, in welchen Bereichen Künstliche Intelligenz (KI; englisch AI für „Artificial Intelligence“) bereits Einzug in die Versicherungsbranche gehalten hat. Erste Ansätze dafür gebe es beispielsweise in der Betrugserkennung (Fraud Detection), der Bonitätsbewertung (Credit Scoring) oder im Marketing.

Nur bei einfachen Anwendungen
Daneben komme KI auch bereits in sogenannten „Chatbots“ zum Einsatz. Dabei handelt es sich laut Wikipedia um „ein textbasiertes Dialogsystem, welches das Chatten mit einem technischen System erlaubt“.

Seit 20 Jahren sei „Multi Channel“ in der Versicherungsbranche ein Thema, so Schorr; durch Social Media habe sich eine „neue Dimension“ dafür eröffnet. Dementsprechend würden Banken und Versicherungen Chatbots derzeit „ausprobieren“. Nach einem ersten Höhepunkt 2017 mache sich aber bereits erste Frustration in der Branche breit. Ein „sexy Chatbot“ mache nämlich noch keine intelligente Beratung aus. Schorr: „In Summe reicht es noch nicht für eine intelligente Konversation.“ Chatbots kommen deshalb derzeit nur bei einfachen Anwendungen zum Einsatz, wie beispielsweise für die Vereinbarung eines Rückrufs.

Was automatisierte Finanzberatung alles benötigt
Eine auf künstlicher Intelligenz aufbauende Finanzberatung („Financial Advisory AI“) setze sich aus zwei Komponenten zusammen: dem Finanzwissen und der „Conversational AI“. Nötig sei im Versicherungsvertrieb einerseits profundes Fach- und Produktwissen. Dieses werde zunehmend digitalisiert, Schorr nennt beispielsweise interne Unternehmens-Wikis, selbstlernende Systeme (sogenannte Knowledge-Graphen) und intelligente Beratungsgesprächslösungen.

Darüber hinaus sei für eine flüssigere Konversation aber eine Conversational AI nötig; zum Unterschied von Chatbots oder virtuellen Assistenten stelle diese Verknüpfungen aus dem Gesprächskontext her. Voraussetzung dafür sei das Verstehen bzw. Interpretieren natürlicher Sprachen (NLU, Natural Language Understanding).

Eine der Grundlagen dafür sei der 2013 erfundene „Word-2-Vector“, der beispielsweise auch von der Suchmaschine Google verwendet wird. Dabei werden in einem Vektorraum semantische Beziehungen zwischen Wörtern durch die Nähe der Datenpunkte zueinander abgebildet.

Anwendung von KI für Versicherungen
Wie Financial Advisory AI in der Praxis aussehen könnte, zeigt Schorr an einem Anwendungsbeispiel: Heute würden Navigationssysteme in Fahrzeugen die „beste Route“ wählen können. Zukünftig wäre es aber möglich, auch die Route mit dem geringsten Unfallrisiko anzubieten. Wählt der Fahrer diese Route, würde er eine niedrigere Prämie für seine Kfz-Versicherung zahlen. Gleichzeitig könnte dazu ein Versicherungsvertrag abgeschlossen und die Prämie abgebucht werden. Ziel sei dabei eine „möglichst gute Unterstützung für Finanzentscheidungen für alle Menschen“.

Alexa & Co. als Finanzberater?
Alle derzeit am Markt befindlichen „virtuellen Assistenten“ wie Amazons „Alexa“ oder Apples „Siri“ stammen aus dem Silicon Valley, betont Schorr: „Technologisch sind die USA vorne.“

Diese Assistenten „wissen viel über mich“ und das mache sie zu einer potenziellen Plattform auch für die Finanzberatung, sagt der Riskine-COO. Beispielsweise könnten sie dazu genützt werden, Mikroversicherungen anzubieten. Es stelle sich allerdings die Frage, welcher Finanzplattform die Kunden à la longue vertrauen werden. Historisch sei Vertrauen ja eine der Kernkompetenzen von Banken und Versicherungen. Seine Vision sei, dass Kunden bei ihren finanziellen Entscheidungen von einer vertrauenswürdigen, personalisierten Financial Advisory AI unterstützt werden, so Schorr abschließend.

Foto: Gerd Altman/pixabay