„Crash könnte uns schon nächstes Jahr drohen“

„No risk, no fun“ verrät Multimillionär Jim Rogers dem Börsen-Kurier seine aktuellen Lieblingsinvestments.

Julia Kistner.Der Börsen-Kurier traf den 76-jährigen Investor Jim Rogers im Wiener Bristol-Hotel. Zu seinem Stirnrunzeln vom Jetlag gesellten sich noch große Sorgenfalten über die Weltkonjunktur. Die stehen dem Mann aus Alabama wohnhaft in Singapur allerdings nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt ins Gesicht geschrieben. Seither prophezeit der Finanzinvestor eine weltweite Rezession „Ich bin ganz schlecht im Timing“, gibt der Börsenhaudegen zu, „aber das uns ein Crash bevorsteht, womöglich schon im nächsten Jahr, bin ich mir ziemlich sicher. Er wird der Schlimmste sein, den wir bis jetzt gesehen haben.“ Das sei nicht nur so daher gesagt, warnt Rogers: „Schon 2007 waren die Schuldenberge hoch. Jetzt sind sie durch die Geldmengenausweitung in Japan, Europa und den USA ein Vielfaches höher. Im Gegensatz
zu 2007 ist jetzt selbst China hoch verschuldet.“

Auch 2007 hätte sich die Finanzkrise mit der Pleite von Island und der 85-jährigen Bank Bear Sterns angekündigt, nur niemand nahm Notiz davon. „Auch heute gibt es Hinweise, die zu wenig beachtet werden, wie die Pleite der lettischen Großbank ABVL oder die drohenden Staatsbankrotte in Venezuela, Argentinien oder der Türkei“, warnt der Promi-Investor. Doch wie kann man sich gegen den nächsten Finanzkollaps wappnen? In dem man das Verlustrisiko auf möglichst viele Asset-Klassen und Investments verteilt? Von Risikostreuung hält Roger gar nichts: „Durch diversifizieren wird man nicht reich. Milliardäre wie Bill Gates sind fokussiert, legen alle Eier in einen Korb. Man muss außerdem antizyklisch denken und sollte nur dort investieren, wo man sich auskennt.“

Roger investiert aktuell in den Anbau von Cannabis: „Darin bin ich inzwischen gut beschlagen. Das ist ein riesiger Markt, weltweit wird Hanf vor allem für medizinische Zwecke legalisiert. Ich habe mich an einer Plantage in Kolumbien beteiligt, die Cannabis in flüssigem Zustand in die USA exportiert. Ich rechne, dass Agrarprodukte insgesamt zwei gute Jahre sehen werden. Daneben halte ich Anteile an russischen Agraraktien und an der Fluglinie Aeroflot. Wegen der attraktiven Rendite investiere ich kurzfristig in russische Staatsanleihen. Diese Papiere können kaum noch weiter verlieren. Wenn wir Amerikaner wirklich freie Bürger wären und für uns Investments auch in Nordkorea oder Venezuela erlaubt wären, würde ich mich in diese maroden Märkte einkaufen. Sie können nur noch steigen.“ So sei das auch mit der Wiener Börse 1985 gewesen, als Promi-Investor Rogers den am Boden liegenden österreichischen Kapitalmarkt in Übersee zum Kauf empfahl: „Die Wiener Börse war völlig unbekannt und ging, nach meinem Gespräch mit dem Finanzmagazin Barron’s durch die Decke.“

Das war einmal. Heute besucht der Amerikaner Wien nur noch als Tourist, Buchautor oder um Vorträge zu halten. Aktien kaufte Rogers zuletzt in Zimbabwe zu. In Europa wären die fetten Jahre schon vorbei, ebenso in den USA. Dennoch hält der Crash-Prophet große Dollarbestände in seinem Portfolio. Wie passt das zusammen? „Wenn es weltweit kracht, flüchten alle in den vermeintlich sicheren Hafen Dollar. Dann verkaufe ich teuer meine Dollarbestände und kaufe mir dafür günstig Gold. Wir haben 2008 gesehen, dass Silber und Gold gemeinsam mit den Weltbörsen kollabieren.“

Im Vergleich zu früher, als er noch den Quantum-Fonds managte, arbeite er heute mit geringeren Hebeln: „Ich bin inzwischen zu faul, um zu leveragen, obwohl dies bei den heutigen, tiefen Zinsen sehr günstig wäre.“

Foto: Börsen-Kurier