Brüssel legt Österreich Reformen nahe

Um die Pensionen langfristig zu sichern, muss Österreich noch „Hausaufgaben“ machen.

Emanuel Lampert. Die EU-Kommission erstellt jährlich sogenannte „länderspezifische Empfehlungen“, die die Mitgliedsstaaten dabei unterstützen sollen, die Wirtschaft zu stärken und nachhaltiger zu gestalten. Am 6. Juni hat sie ihre diesjährigen Empfehlungen – formal handelt es sich um einen Entwurf, die tatsächliche Verabschiedung erfolgt erst durch den Ministerrat – veröffentlicht. In den Empfehlungen für Österreich, die insgesamt rund acht Seiten umfassen, spricht die Kommission unter anderem – nicht zum ersten Mal – das Pensions- und das Gesundheitssystem an.

Langfristig „mittlere Risiken“

Eine zentrale Botschaft erinnert denn auch an frühere Länderberichte: „Für Österreich bestehen langfristig mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Diese Risiken sind auf den vorausberechneten Anstieg der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit, Langzeitpflege und Pensionen zurückzuführen.“

Im Bereich der Gesundheits- und Langzeitpflege sollten demnach Maßnahmen ergriffen werden, um „die Tragfähigkeit des Gesundheits- und Langzeitpflegesystems sowie des Pensionssystems auch durch die Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters vor dem Hintergrund der voraussichtlich steigenden Lebenserwartung zu gewährleisten“.

Mehrausgaben für Gesundheit und Pflege

Österreichs Gesundheitsversorgung weise „generell einen hohen Abdeckungsgrad“ auf, heißt es in dem Text. Langfristig – die Prognose blickt recht weit in die Zukunft – sei aber zu erwarten, dass die öffentlichen Gesundheitsausgaben bis 2070 voraussichtlich um 1,3 %-Punkte auf 8,3 % des Bruttoinlandsprodukts steigen. Und: „Aus den Vorausberechnungen geht hervor, dass sich die öffentlichen Ausgaben für Langzeitpflege bis 2070 von 1,9 auf 3,8 % des BIP verdoppeln werden.“

In der Langzeitpflege „dürften die jüngsten politischen Maßnahmen, darunter die Abschaffung des Pflegeregresses, also des Rückgriffs auf das Privatvermögen zur Finanzierung stationärer Langzeitpflege, die Ausgaben eher steigern als eindämmen“.

Pensionsautomatik

Die Pensionsausgaben wiederum dürften, so jedenfalls die Einschätzung, im Jahr 2036 ihren Höchststand erreichen „und 1,2 BIP-%-Punkte über dem Referenzwert von 2016 liegen“.

Mit früheren Reformen seien „erfolgreich Anreize dafür geschaffen“ worden, später in den Ruhestand zu treten, jedoch bestehe nach wie vor die „Herausforderung, die Lücke zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Pensionsantrittsalter zu schließen“. Längere Lebensarbeitszeiten sollten gefördert werden, heißt es weiter.

Angesichts der Bevölkerungsalterung würde sich, so die Kommission, außerdem „eine Anpassung des für den Vorruhestand und für das gesetzliche Pensionsantrittsalter geltenden Mindestalters“ positiv auf die Nachhaltigkeit des Systems auswirken. Eine automatische Kopplung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung könne die Pensionsausgaben der öffentlichen Hand senken. „Schätzungen zufolge könnten auf diese Weise im Zeitraum von 2016 bis 2070 Einsparungen in Höhe von 2,4 BIP-%-Punkten erreicht werden, welche die Höhe der Mehrausgaben bei einer unveränderten Politik kompensieren würden.“

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