Die Österreicher entdecken ETFs

Auch heimische Privatinvestoren entdecken vermehrt ETFs (Exchange Traded Funds) – es gibt aber wie überall Vor- und Nachteile

Patrick Baldia. Sie sind günstig, leicht handelbar, transparent und können sich zumindest nicht schlechter schlagen als der zugrundeliegende Index. So lauten gängige Argumente für ETFs, die auch bei immer mehr heimischen Anlegern auf offene Ohren zu stoßen scheinen. „Wir sehen, dass das Thema sowohl im institutionellen Bereich als auch unter Privatanlegern an Bedeutung gewinnt – das Handelsvolumen steigt kontinuierlich“, sagt Thomas Rainer, Head of Member Sales & Business Development bei der Wiener Börse, zum Börsen-Kurier.

Die Wiener Börse hat derzeit rund 120 ETFs im Angebot. Dabei handelt es sich primär um Aktien-ETFs der großen Anbieter – vor allem mit regionalem, länder- und branchenspezifischem sowie strategischem Bezug. Auf regionaler Ebene werden etwa die USA, Europa, China, Deutschland und Österreich gut nachgefragt. 

Angesichts der Angebotsfülle – weltweit sind rund 7.000 ETFs handelbar – ist es für Anleger gar nicht so einfach, den Überblick zu bewahren. Laut dem Spezialisten Bahram Sadighian vom Anbieter BlackRock kann grundsätzlich zwischen klassischen kapitalmarktgewichteten (physischen Indexfonds), synthetischen (Index wird über Swaps nachgebildet, Anm.) sowie Smart Beta ETFs unterschieden werden. Bei Letzteren komme ein zusätzlicher Algorithmus zur Anwendung. „So kann beispielsweise beim S&P 500 ein Schwerpunkt auf Qualitätsaktien gesetzt werden“, so Sadighian. 

Der Ausgangspunkt für ein ETF-Investment ist jedenfalls ein Wertpapierdepot. „In der Regel bieten Online-Banken und Online-Broker günstigere Konditionen“, erklärt Bernd Lausecker, er ist der Projektleiter Finanzdienstleistungen beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Abhängig vom Verhandlungsgeschick der Anleger könne aber auch bei der Hausbank einiges drinnen sein. Ausgabeaufschläge würden bei den meisten ETFs nicht anfallen. Die An- und Verkaufsspesen sind wiederum vom jeweiligen Finanzdienstleister abhängig. Laut Rainer liegen sie bei „weit unter 1 %“. 

„Da ETFs in der Regel einen Index 1:1 abbilden, benötigen sie keine Analyseabteilungen oder Fondsmanagement“, so Lausecker weiter. Die Folge: Geringere laufende Kosten für Anleger. Wie viel pro Jahr anfällt, gibt das Total Expense Ratio (TER) an. Darin enthalten sind Management-, Verwaltungs-, Indexlizenz- und Depotbankgebühren. In der Regel liege das TER bei ETFs bei 0,3 bis 0,4 %, bei aktiven Fonds hingegen bei 1,5 bis 2 %, so Lausecker. „Sowohl bei ETFs als auch bei aktiven Fonds gilt: Je höher das TER, desto geringer wird der Ertrag für die Anleger ausfallen.“ Grundsätzlich wären ETFs nämlich keineswegs rentabler als klassische Investmentfonds. 

Aber: „Bei einem Abschwung, wo es darauf ankommt, antizyklisch aufzutreten, sind aktive Manager mit fundamentalem Ansatz im Vorteil“, so Felix Düregger, Direktor Asset Management bei der Schoellerbank. Dank umfassender Analyse würden sie über alle relevanten Aspekte eines Unternehmens Bescheid wissen und könnten darauf basierend die richtigen Titel aufstocken. „Ein ETF kann immer nur so liquide sein wie der Markt auf den er sich bezieht“, so Düregger zu einem weiteren Aspekt. Gerade bei Schwellenländer- und High-Yield-Anleihen oder kleineren Aktienmärkten würden ETFs daher auch nur eine eingeschränkte Liquidität bieten. 

Düregger verweist darauf, dass 2015 nach erheblichen Kursverlusten selbst der Handel mit einigen Aktien aus dem hochliquiden Dow- Jones-Index ausgesetzt wurde. Nachsatz: „Da viele ETF-Anleger aber trotzdem handeln wollten, notierten viele ETFs deutlich unter ihrem Nettoinventarwert.“ 

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