Religion und Börse müssen kein Widerspruch sein

Ein Zertifikat der UniCredit verbindet christliche Werte mit Aktieninvestments.

Harald Kolerus. „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Dieses bekannte Gleichnis Jesu legt eigentlich nahe, dass Gewinnstreben und Seelenheil unvereinbar sind. Bibelforscher gehen allerdings davon aus, dass auch dieser Sinnspruch nicht zu wörtlich genommen werden sollte. Die Interpretation zielt zumeist in die Richtung, dass die Anhäufung materieller Werte nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann und das Leben bestimmen sollte. Jedenfalls ist Geldverdienen und Veranlagen im Christentum nicht verboten, es kommt darauf an, wie das geschieht.

Deshalb wurde der „Stoxx Europe Christian Select 30 Net Return Index“ kreiert, er hat es sich zum Ziel gesetzt, christliche Werte mit handfesten Investments zu verbinden. Das funktioniert wie folgt: Ins Auge gefasst werden alle Aktien im breiten Stoxx Europe 600 Index, die eine hohe Kompetenz im Umgang mit christlichen Werten (sozial, ökologisch, ethisch und wirtschaftlich) als Geschäftsansatz aufweisen.

Für die Aufnahme in den Index sind Unternehmens aus den Bereichen Pornografie, Waffen, Tabak, Alkohol, Geburtenkontrolle und Glücksspiel prinzipiell ausgeschlossen. Als nächster Schritt werden markt- und finanztechnische Kriterien angewendet: Die 30 Titel mit einer relativ niedrigen historischen Volatilität und hoher Dividendenrendite schaffen es dann ins Portfolio.

Aktuell steuern Ölkonzerne, Versicherer und Versorger einen großen Teil zur Gewichtung bei. Prominente Namen sind etwa HSBC, Royal Dutch, Total, Endesa, ENI, Repsol, AXA, Zurich Insurance, Swiss Re oder Orange.

Damit Investoren an dieser Anlegeidee teilhaben können, hat die UniCredit das „HV Open End Index Zertifikat“ bezogen auf den STOXX Europe Christian Select 30 Net Return emittiert. Dieses Open End-Produkt (ISIN: DE000HX8 SQK3) bildet die Kursentwicklung des Basiswertes 1:1 ab.

Eine Frage des Gewissens
Aufmerksame Leser werden sich jetzt sicher die Frage stellen, ob den etwa die relativ stark repräsentierten Energiekonzerne tatsächlich einer ethisch korrekten Ausrichtung entsprechen? Schließlich haftet ihnen oft das Image an, den Klimawandel voranzutreiben.

Auch werden einige Menschen mit Geburtenkontrolle als Ausschlusskriterium nicht viel anfangen können. Sebastian Bleser, er ist Produktspezialist bei der UniCredit, erklärt im Gespräch mit dem Börsen-Kurier: „Man muss klarstellen, dass es sich hier in erster Linie nicht um ein Nachhaltigkeitsprodukt handelt, sondern das eben christliche Werte abgebildet werden, die vom Anbieter Stoxx definiert wurden. Wir machen wiederum den Index investierbar und halten das für wichtig, weil es diese Möglichkeit im Stoxx-Universum in Europa bisher noch nicht gab. Entscheidend sind die Ausschlusskriterien, an denen sich christlich geprägte Investoren orientieren können.“

Fazit
Somit zeichnen der Index und das dazugehörige Zertifikat tatsächlich ein klares Konzept; wer etwa Geburtenkontrolle nicht für ausschlusswürdig hält oder keine Energiemultis im Portfolio sehen will, wird hier wohl nicht fündig werden. Aber das ist eine Entscheidung des eigenen Gewissens.

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