Eine Insel der Seligen sind wir nicht

Aber: Österreich kommt mit leichter Konjunkturdelle davon.

Michael Kordovsky. Viele Denken bei unserer Konjunktur an voestalpine, AMAG und Magna und haben im Zusammenhang mit den Handelskonflikten der USA schon ein mulmiges Gefühl. Infolge der hohen US-Zölle leitet China seine Warenströme von den USA verstärkt nach Europa um und in sensiblen Bereichen wie vor allem Stahl und Aluminium kommt es zu einem verschärften Wettbewerb. Doch wie kritisch ist es um die heimische Industrie wirklich bestellt?

Im Euroraum ist laut den Einkaufsmanagerindex-Daten von IHS Markit im Juli der sechste Wachstumsrückgang des Eurozone-Industriesektors so stark ausgefallen wie zuletzt im Dezember 2012. Und auch Österreich kann sich diesem Trend nicht entziehen. Die Umfragedaten der Wirtschaftsforscher zeigen eine Fortsetzung des Abschwungs im zweiten Quartal. Fakt ist aber auch, dass auf einem hohen Niveau „gejammert“ wird, Werner Hölzl vom WIFO uns gegenüber wie folgt quantifiziert: „Laut WIFO-Konjunkturtest melden die Sachgütererzeuger eine durchschnittliche Kapazitätsauslastung von 84 %. Dieser Wert liegt aber weiter über dem langjährigen Durchschnitt von 82 %. Rund 75 % der befragten Betriebe melden zufriedenstellende Auftragsbestände. Damit bleiben die Auftragseingänge ebenfalls in durchschnittlichen Bereichen, vor Jahresfrist meldeten aber noch 85 % der Unternehmen zumindest zufriedenstellende Auftragsbestände.“ Allerdings zeigen sich insbesondere bei den Exportaufträgen bereits Stabilisierungstendenzen und die Experten des WIFO gehen davon aus, dass sich das nominelle Exportwachstum von 3,3 % im Jahr 2019 im kommenden Jahr auf 3,5 % leicht verbessern sollte.

Abgasskandal, Handelskonflikte und Brexit gut verkraftbar

Der Abgasskandal ist bereits Vergangenheit. Der Exporteinbruch der Kfz-Industrie von Österreich nach Deutschland fand mit einem Minus von 10 % im Vorjahresvergleich bereits im zweiten Halbjahr 2018 statt. Seither tendieren die Auftragseingänge in der deutschen Autoindustrie zumindest „holprig aufwärts“. Etwas herausfordernd kann es aber ab November werden. Bis dahin vertagte die USA ihre Entscheidung über zusätzliche Zölle auf Autoimporte aus der EU. Derzeit fallen dafür nur 2,5 % (Ausnahme Pick-Up-Trucks) an. Da Österreich über Zulieferer in europäische Automobil-Wertschöpfungsketten eingegliedert ist, könnte dies mit einer gewissen Wirkung verbunden sein. Allerdings erscheint in der heutigen Zeit eine längere Phase mit international hohen Strafzöllen eher unwahrscheinlich.

Stark überschätzt werden auch die Folgen des immer wahrscheinlicher werdenden „No-Deal-Brexits“, der laut WIFO-Experten Harald Oberhofer maximal 0,1 % der Wirtschaftsleistung kosten wird, da Großbritannien nur der neuntwichtigste Handelspartner für österreichische Waren ist.

Inlandskonsum als Stütze

Nun zu den positiven Nachrichten: Solide Binnenkonjunktur bei niedriger Arbeitslosigkeit zeichnet besonders die österreichische Wirtschaft aus. Die Steuerreform 2016 und ab heuer der Familienbonus stärken die verfügbare Einkommensbasis der privaten Haushalte. Das verfügbare Einkommen stieg 2018 um 2,4 % und sollte laut WIFO-Prognosen 2019 und 2020 noch immer um jeweils 1,5 bzw. 1,4 % wachsen. Österreich weist auf Basis der Berücksichtigung aller Erwerbstätigen im Juni nur eine Arbeitslosenquote von 4,5 % auf, verglichen mit 7,5 % über den gesamten Euroraum. Heuer und im kommenden Jahr sollte die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigungen laut WIFO in Österreich noch um jeweils 1,6 bzw. 1,0 % steigen und bis 2020 dürfte sich das Niveau der Arbeitslosigkeit hierzulande relativ stabil halten. Somit erscheint es plausibel, dass die privaten Konsumausgaben in den kommenden Jahren eine Konjunkturstütze sein werden. Das WIFO erwartet hier für 2019 und 2020 Steigerungen von je 1,7 bzw. 1,6 % (2017 und 2018 je 1,4 bzw. 1,6 %).

Betrachtet man die Entwicklung des gesamten BIP, so schwächte sich das Wirtschaftswachstum Österreichs von 3,0 % im zweiten Quartal 2018 auf 1,6 % im ersten Quartal 2019 ab. Im gleichen Zeitraum hat sich aber das BIP-Wachstum des Euroraums von 2,2 auf 1,2 % abgeschwächt, weshalb die österreichische Wirtschaft noch immer überdurchschnittlich wächst. Per Saldo steht einem bremsenden Außenhandel eine unterstützende Binnenwirtschaft gegenüber, was noch immer ein akzeptables BIP-Wachstum ermöglichen sollte. Somit rechnen die Experten des WIFO, dass sich das Wirtschaftswachstum in Österreich im Jahresdurchschnitt 2019 auf 1,7 % verlangsamt (2018: +2,7 %) und sich 2020 bei 1,5 % stabilisiert. Das sind noch immer Wachstumsraten mit denen es sich gut leben lässt.

Foto: Adobe Stock / daliu