Segen oder nur ein Hype?
Der Börsen-Kurier nimmt einige Mythen, die sich um ETFs ranken, unter die Lupe.
Patrick Baldia. Für die einen sind sie ein Segen, für die anderen sind sie nicht viel mehr als ein Hype-Produkt, in das zu hohe Erwartungen gesteckt werden. Die Rede ist von börsegehandelten Indexfonds – sprich ETFs. Egal welcher Meinung man letztlich ist, eines ist nicht von der Hand zu weisen: Immer mehr heimische Anleger – und zwar sowohl Private als auch Institutionelle – setzen auf sie. Die Tendenz, laut Prognosen: Weiter steigend. Der Börsen-Kurier nimmt das zum Anlass, Experten mit einigen Mythen, die sich um ETFs ranken, zu konfrontieren.
Als ETF-Anleger muss man nicht auf die Kosten achten.
„Sowohl bei aktiven als auch passiven Fonds schmälern die Kosten die Rendite“, bringt Markus Weis, Deputy Head of Germany & Austria bei Vanguard, einen wichtigen Erfolgsfaktor beim Investieren auf den Punkt. Auf niedrige Kosten zu achten, sei vor allem deshalb wichtig, weil in den kommenden Jahren mit Aktien voraussichtlich deutlich geringere jährliche Bruttorenditen von 4 bis 5 % verdient werden könnten. „Mit aktiven Fonds wird bei einer durchschnittlichen Gesamtkostenquote von 1,5 % nicht viel übrig bleiben“, meint Weis im Gespräch mit dem Börsen-Kurier.
„Die Kosten sind sicherlich nicht der Hauptkritikpunkt an ETFs“, so Felix Düregger, Direktor Asset Management bei der Schoellerbank. Vor allem bei Produkten auf liquide Indizes wie den EuroStoxx 50 oder den MSCI World wären sie vergleichsweise niedrig. Sobald man aber abseits des Mainstreams bzw. der etablierten Indizes unterwegs sei, könnten sie schnell in die Höhe gehen.
Beispielsweise würde ein ETF auf den MSCI Asia rund 0,75 % pro Jahr kosten. Insgesamt sinken aber die Kosten am Markt. Laut Morningstar kosten Aktien-ETFs in Europa im Durchschnitt 0,36 % pro Jahr, Anleihen-ETFs sogar nur 0,21 %.
Bei ETFs muss man auch schlechte Aktien kaufen.
Der Kern der Kritik: ETFs müssen an Papieren mit schlechter Performance festhalten, solange sie zu ihrem Referenzindex gehören, während aktiv verwaltete Fonds sie theoretisch aussortieren könnten. „Ich glaube nicht, dass Investitionen in Aktien mit schlechter Performance ein besonderes Merkmal von ETFs sind“, so Carmine De Franco, Head of Fundamental Research beim Anbieter Ossiam. Schließlich wähle letztlich jede Anlagestrategie gut und schlecht performende Aktien aus. Wäre die Kritik berechtigt, würde man eine strukturelle Outperformance der aktiven Manager gegenüber ETFs sehen, was nicht der Fall sei. Tatsächlich zeigen Studien, dass nur rund 10 % der aktiven Fondsmanager den Markt langfristig schlagen.
ETFs werden aktive Fonds künftig vollständig verdrängen.
Dass ETFs zuletzt gewaltige Zuwächse hatten, ist eine Tatsache. In einer ähnlichen Tonart soll es im Übrigen auch weitergehen. Moody’s meint etwa, dass der Anteil der ETFs am globalen Publikumsfondsvermögen bis 2025 von derzeit 15 auf bis zu 27 % ansteigen könnte. Aktive Fonds werden aber demnach im Umkehrschluss weiter eine ganz wichtige Rolle spielen – mit guten Gründen, so Weis: „Bei Assetklassen wie High Yield, Emerging-Markets-Anleihen sowie Small Caps und Emerging-Markets-Aktien können aktive Manager aus Basis von gutem fundamentalen Research einen Mehrertrag gegenüber dem Markt erzielen.“ Insgesamt geht es also um ein stimmiges Portfolio aus passiven und aktiven Investments. Im ETF-Bereich legt der Experte Produkte, die ein großes und breites Universum abdecken, ans Herz – „sowohl bei Aktien als auch Anleihen“.
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