Aktienquoten müssen steigen, um Vermögen zu sichern

Im Gespräch mit Alexander Eberan, Vorstand des Bankhauses Krentschker & Co.

Marius Perger. Dass man mit Zinstiteln nahezu kein Geld mehr verdienen kann, ist eigentlich keine Überraschung mehr. Wie niedrig die Erträge allerdings sind, überrascht bei einer näheren Betrachtung dann doch. So lagen Ende September die durchschnittlichen Renditen von 10-jährigen Unternehmensanleihen mit guter Bonität (Investmentgrade) gerade einmal bei 0,82 %. Noch trauriger sieht es mit Staatsanleihen aus. Für zehnjährige Laufzeiten liegt deren Rendite in Österreich bei -0,33 %, in Deutschland bei -0,59 %. Selbst portugiesische Anleihen – immerhin war das Land lange Zeit ein Sorgenkind der EU – werfen bei gleicher Laufzeit gerade einmal 0,14 % p.a. ab. Sogar bei 30-jähriger Laufzeit gibt es beispielsweise in Deutschland negative Zinsen, in Österreich liegen sie bei mageren 0,22 %.

Dass sich damit ein „gigantisches Zinsänderungsrisiko“ aufbaut, darauf verweist Alexander Eberan, Vorstand des Grazer Bankhauses Krentschker & Co, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Sollten die Zinsen irgendwann einmal doch drehen, könnten beispielsweise Stiftungsvermögen, die oft einen Anleihenanteil von
80 % haben, in eine fatale Situation geraten.

Vor allem die Entwicklung der Realzinsen – der nominellen Zinsen abzüglich der Inflationsrate – zwinge zum Umdenken, so Eberan. Seit 2016 sind die 10-jährigen Euro-Renditen negativ und liegen derzeit nur knapp über -2 %. „Wer nicht in der Lage ist, zu investieren, erlebt Kaufkraftverluste“, betont der Krentschker-Vorstand. Das sei nicht zuletzt auch ein soziales Problem: Viele Menschen hierzulande besitzen nur Sparprodukte, negative Zinsen treffen diese Menschen am schlimmsten. Gerade für sie könnten etwa ETFs mit ihren „extrem günstigen Spesen“ eine Alternative darstellen.

Aktien attraktiver bewertet
Im Verhältnis zu Anleihen ist derzeit die Bewertung von Aktien attraktiver, so Eberan. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) US-amerikanischer Aktien liege nahe dem langjährigen Durchschnitt. Darüber hinaus ist die Gewinnrendite von US-Aktien (summierte Gewinne der S&P-500-Unternehmen im Verhältnis zum Kurs des Index) bereits seit 2001 durchgehend höher als die US-Anleihenrendite, berechnet als Rendite auf die Restlaufzeit 10-jähriger US-Treasury- Anleihen.

Dennoch stellt sich die Frage: Lohnt sich das Risiko, in Aktien zu investieren? In der Vergangenheit dürfte das nicht der Fall gewesen sein. Zwischen einem reinen Anleihen- und einem reinen Aktienportfolio gab es im Zeitraum von Ende 2000 bis September 2019 nahezu keinen Unterschied bei den Erträgen, dagegen eine deutlich höhere Volatilität bei Aktien. Investoren hatten die letzten 20 Jahre eine herrliche Zeit, sagt dazu Eberan. Doch: „Die nächsten 20 Jahre werden anders aussehen.“

Eine Szenariorechnung zeigt den Handlungsbedarf. Betrachtet man ein historisches Portfolio mit 80 % Anleihen und 20 % Aktien von Ende 2000 bis heute, so ergibt sich eine Rendite von 5,20 % p.a. Dasselbe Portfolio, mit der identischen Aktienentwicklung aber einer simulierten (und der aktuellen Situation entsprechenden) Anleihenentwicklung von 1 % p.a. bringt dagegen eine Rendite von gerade einmal 1,98 % p.a. Um die von der EZB angestrebte langfristige Inflation von rund 2 % abdecken zu können, reicht dieser Wert nicht aus.

Dazu komme, dass die jüngste Entscheidung der EZB endgültig jegliche Investoren-Hoffnungen auf eine Kehrtwende bei den Zinsen auf längere Sicht zunichte gemacht habe – man müsse mit lange anhaltenden Nullzinsen rechnen.

Aktienquoten müssen steigen
In Zukunft werde es notwendig sein, ein relativ hohes Aktienengagement einzugehen. Weil Anleihen signifikant weniger Renditebeitrag leisten werden als in der Vergangenheit, müsse die Aktienquote in Richtung 50 % angehoben werden. Eberan: „Darunter wird eine Vermögenssicherung vermutlich nicht möglich sein.“ Und sollten die Zinsen in sieben oder acht Jahren doch steigen, sei mit einer negativen Entwicklung derzeit bestehender Anleihen zu rechnen.

Die Anleihequote werde damit zukünftig „maximal“ noch als Stabilisator dienen. Weil sich aber mit einer höheren Aktienquote die Portfolioschwankungen gegenüber der Vergangenheit deutlich erhöhen werden, sei es notwendig, den Anlagehorizont auf 15 Jahre oder länger auszuweiten. In einem solch langen Zeitraum würden auch zwischenzeitliche Korrekturen nur mehr eine untergeordnete Rolle spielen. Notwendig sei es allerdings, dass der Investor wirtschaftlich und emotional in der Lage sei, diese erhöhten Schwankungen zu tragen.

Und schließlich werde eine antizyklische Handlungsweise für den Erfolg entscheidend sein. Mit seiner Rebalancing-Strategie ermöglicht das Bankhaus Krentschker bei fast allen seinen Kundenportfolios so den Erhalt der vereinbarten Vermögensstruktur.

Foto: Bankhaus Krentschker & Co