Qualitätsaktien werden wichtiger

Die demographische Entwicklung als Herausforderung für Investoren.

Patrick Baldia. Die gute Nachricht zuerst: Der Mensch lebt immer länger. Während Westeuropäer um 1900 noch im Durchschnitt 50 Jahre alt wurden, sind es heute um die 80 Jahre. Bis 2060 soll die durchschnittliche Lebenserwartung sogar auf bis zu 89 Jahre ansteigen. Gleichzeitig geht die Geburtenrate in den meisten Ländern zurück. In Österreich liegt sie bei 9,7 pro 1.000 Einwohner. Die Fertilitätsrate beträgt 1,48 Kinder pro Frau. Das liegt im Übrigen unter dem Niveau, das notwendig wäre (2,1 Kinder pro Frau), um die Bevölkerung stabil zu halten.

„In den meisten Ländern werden die demografischen Effekte in den kommenden Jahren negativ ausfallen“, sagt Olaf van den Heuvel, Chief Investment Officer Aegon Asset Management, gegenüber dem Börsen-Kurier. Einerseits werde der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) dramatisch zurückgehen – allein in Deutschland wird bis 2040 ein Minus von 5 Mio Menschen erwartet. Andererseits werde die Gesellschaft immer älter. Die Folge beider Entwicklungen: Ein geringeres Potenzialwachstum. Bereits 2020 soll sich der negative Beitrag auf das BIP in der EU auf 0,5 % belaufen. Tendenz weiter steigend.

Dass man sich bei Aegon Asset Management mit langfristigen strukturellen Entwicklungen wie der Demografie und ihren Folgeerscheinungen beschäftigt, liegt auf der Hand: Schließlich handelt es sich dabei um die Vermögensverwaltungssparte (verwaltetes Vermögen: 339 MrdE, Anm.) des niederländischen Versicherungskonzerns Aegon. Letzterer ist auf Lebensversicherungen spezialisiert. „Die demografische Entwicklung wird uns noch lange Zeit begleiten“, hält van den Heuvel fest. Er geht künftig nicht nur von geringeren BIP-Wachstumsraten aus, sondern auch von zurückgehenden Investmentrenditen.

„Am Ende des Tages geht es an der Börse immer um das Gewinnwachstum. Wegen der demografischen Entwicklung wird dieses geringer ausfallen“, bringt es der Experte auf den Punkt. Gänzlich schwarz malen will er allerdings nicht. Es werde auch in Zukunft Unternehmen, Sektoren und Fondsmanager geben, die in der Lage wären, in so einem Umfeld überdurchschnittliche Renditen zu generieren. Die Zinsen würden jedenfalls noch länger niedrig bleiben. „Damit müssen wir leben“, so van den Heuvel. Er glaubt, dass Qualitätsaktien weiter an Bedeutung gewinnen werden. Auch Hochzinsanleihen sollten sich im Niedrigzinsumfeld  zumindest „zufriedenstellend“ entwickeln.

Welche Unternehmen bzw. Sektoren könnten von der demografischen Entwicklung profitieren? Naheliegende Gewinner sind sicherlich ausgewählte Biotech-, Pharma- und Medizintechnikfirmen, ebenso wie Rentenversicherer. Aber auch Pflege- und Betreuungseinrichtungen sollten zu den Profiteuren zählen. Dazu kommen Reise- und Kreuzfahrtanbieter. Letztere zählten während der Finanz-krise bekanntlich zu den wenigen Branchen, die weiterhin boomten. Wer sein Risiko streuen möchte, kann auch auf einschlägige Themenfonds setzen.

Angesichts zurückgehender Investmentrenditen – bei Vanguard rechnet man etwa im kommenden Jahrzehnt im Aktienbereich mit Bruttorenditen zwischen 4 und 5 % – steht vor allem eines fest: Beim Investieren muss man den Kosten noch mehr Bedeutung schenken. So könnte man in kostengünstige ETFs oder passive Indexfonds investieren – auch hier gibt es einschlägige Themenprodukte. Gleichzeitig gilt es auch einen Fokus auf unterbewertete Titel zu legen. Wem dazu das entsprechende Know-how fehlt, der kann auch auf einschlägige aktive oder passive Strategien setzen. Dem Anleger bleibt hier die Qual der Wahl.

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