Warm anziehen gegen Restalkohol der Konjunkturparty
Wifo und IHS: Brexit und Handelsthemen größte Abwärtsrisiken.
Rudolf Preyer. Mit dem Herbst steht uns in Österreich auch eine wirtschaftliche Abschwächung bevor, allerdings keine Rezession. Auf diese Formel lässt sich die Ende vergangener Woche präsentierte Herbstprognose von Wifo und IHS bringen. Kernaussage von Wifo-Chef Christoph Badelt: Die weltweite Eintrübung der wirtschaftlichen Aussichten mache auch vor Österreich nicht halt. Kurzum: „Wir müssen uns warm anziehen.“
IHS-Chef Martin Kocher hingegen bemühte für die Konjunkturprognose ein anderes – nicht weniger plastisches – Bild: „Wir leben noch mit dem Restalkohol der Party aus 2017 und 2018. Es wird zwar keine vollständige Ausnüchterung geben. Eine neue Party ist aber auch nicht in Sicht.“ Den wirtschaftlichen Tiefpunkt erwarteten beide Institute für das Jahresende. Die gegenwärtige Erholung am Arbeitsmarkt soll schon nächstes Jahr enden, die Inflation niedrig bleiben. Die Zahlen seien hier nachgereicht: Das Wifo sieht Österreichs Wirtschaft heuer um 1,7 % wachsen (negative Korrektur gegenüber der Frühjahrsprognose um 0,1 %), nächstes Jahr soll es dann in Richtung 1,4 % gehen. Und das IHS erwartet für heuer (gleich wie im Frühjahr) moderatere 1,5 %, für nächstes Jahr wird ein Plus von 1,3 % angenommen (Prognoserücknahme: – 0,1 %).
Negative Trendwende im Arbeitsmarkt
Beginnend im ersten Halbjahr verloren die heimischen Exporte (2018: +5,9 %) deutlich an Dynamik (2019er-Prognose: +2,3 %), auch das Wachstum der Industrieunternehmen dürfte gegen Ende des heurigen Jahres kräftiger abnehmen. Investitionen wurden merklich verhaltener getätigt, während auf den Privatkonsum Verlass war: dieser expandierte stabil.
Die Bauwirtschaft ist aktuell (nahezu) vollausgelastet, die Stimmung im Dienstleistungsbereich ist „noch überwiegend positiv“, allerdings muss die Sachgütererzeugung laut Wifo-Konjunkturtest bereits Rückgänge verzeichnen.
Wie gesagt: Folgend dem internationalen Umfeld (ein erstmals geschrumpfter Welthandel seit 2008), dürfte der Tiefpunkt der österreichischen Wirtschaftsentwicklung gegen den Jahreswechsel hin erreicht werden. Im Laufe des kommenden Jahres sollte sich die Konjunktur wieder „schrittweise“ erholen, insgesamt aber „mäßig“ ausfallen.
Ist der private Konsum aufgrund der „günstigen Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung“ – noch – stabil, warnt Badelt: „Die Reduktion der Dynamik gilt leider auch für die Beschäftigung.“
Auch Kocher geht von einer negativen Trendwende im gesamten nationalen Arbeitsmarkt aus: Die Arbeitslosenquote dürfte – „zunächst“ – von 7,4 auf 7,5 % ansteigen.
Spielraum für Steuerentlastungen schaffen
Was eine allfällige Steuerentlastung seitens der nächsten Regierung betrifft, müsse hier erst noch der Spielraum geschaffen werden, sind sich die Chefs von Wifo und IHS einig: Durch die jüngsten Parlamentsbeschlüsse vor der Nationalratswahl werde nämlich der Budgetüberschuss 2020 geringer ausfallen als bisher angenommen.
Badelt und Kocher forderten Reformen in den Bereichen Bildung und Gesundheit sowie auch beim Klimaschutz ein.
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