Rezessionsgefahr in der Eurozone
In der der Wirtschaft manchmal bergauf, dann wieder bergab – im vierten Quartal gab es nur minimale Zuwächse und für Europa droht eine Rezession.
Michael Kordovsky. Das Wirtschaftswachstum kühlt weiter ab. Die vorläufige Schnellschätzung des BIP im Euroraum zeigt vom zweiten auf das dritte Quartal einen Rückgang des BIP-Wachstums von 1,2 auf 1,1 % (verglichen mit 1,3 % im ersten Quartal 2019). Dabei herrschte mit durchschnittlich 0,9 % nur noch ein moderater Preisauftrieb im dritten Quartal. Somit kann man der Inflation für das schwache Realwachstum keine Schuld geben.
Es herrscht tatsächlich ein Abschwung auf breiter Front dessen Epizentrum in einer Schwäche der Industrie liegt. Italien weist bereits im zweiten Quartal auf Jahresbasis ein Negativwachstum von -0,1 % auf und in Deutschland hat sich vom ersten auf das zweite Quartal das Wirtschaftswachstum bereits von 0,9 auf 0,4 % verlangsamt.
Dass eine Rezession im Verlauf des Jahres 2020 durchaus plausibel erscheint, kann anhand der Einkaufsmanager-Index-Daten von IHS Markit anschaulich illustriert werden: Die Privatwirtschaft des Euroraums ist gemessen am IHS-Markit-Eurozone-Composite-Index im September haarscharf an der Kontraktionsgrenze „vorbeigeschrammt“, ehe im Oktober auf niedrigem Aktivitätsniveau eine leichte Erholung von 50,1 auf 50,6 Zähler einsetzte, was aber noch immer einer der niedrigsten Werte seit sechseinhalb Jahren ist.
Anhaltende Industrieschwäche
Was auffällt, ist die Schwäche der Industrie infolge einer Krise des Automobilsektors und der globalen Handelskonflikte. Die Industrieproduktion war im Oktober bereits den neunten Monat in Folge rückläufig. Der Dienstleistungssektor wies hingegen erneut Wachstum auf, allerdings mit der zweitniedrigsten Steigerungsrate seit Jänner.
Die Privatwirtschaft Deutschlands war bereits den zweiten Monat in Folge in der Kontraktion, während es in Italien, Irland und Spanien leichte Zuwächse gab. Kritisch ist dabei auch, dass die spanische Wirtschaft das schwächste Wachstum seit knapp sechs Jahren aufweist.
Wie schlecht es aktuell um den Euroraum bestellt ist, zeigen Frühindikatoren, insbesondere die Auftragseingänge der gesamten Privatwirtschaft (Dienstleistung und Industrie). Hier erlitt der Euroraum den zweiten Rückgang in Folge, primär aufgrund der Einbußen in der Industrie und der rückläufigen Exportnachfrage. Laut IHS Markit zählte der 13. Exportorderverlust in Folge aus Industrie und Servicesektor zusammengenommen erneut zu den höchsten seit Umfragebeginn. In der Folge nahmen zum achten Mal hintereinander die Auftragsbestände ab.
Im Einklang mit dieser Entwicklung sinken die Lagerbestände die Industrie rapide. Die Vormateriallager nahmen laut IHS Markit so zügig ab wie zuletzt im März 2013 und die Bestände an Fertigwaren so stark wie seit über drei Jahren nicht mehr. Ein- und Verkaufspreise stehen unter Druck.
Die Einkaufspreise sind so stark rückläufig wie zuletzt im März 2016. Vor allem Kupfer, Stahl und Kunststoffpreise haben sich verbilligt, was ein Indikator für Konjunkturschwäche ist. Hier spielt vor allem die rasche Konjunkturabkühlung in China eine Rolle.
Die Volkswirte von IHS Markit leiten aus aktuellen Einkaufsmanager-Indexdaten für den vierten Quartalsabschnitt nur noch ein BIP-Wachstum von maximal 0,1 % ab. Dabei ist besonders kritisch, dass dieses Miniwachstum einzig und allein aus der Abarbeitung der Auftragsbestände resultiert. Die Nachfrage hingegen ist auf Sparflamme.
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