Wieso Frauen die besseren Anleger sind

Studien zeigen, dass Frauen im Schnitt höhere Anlagerenditen erzielen als Männer.

Patrick Baldia. Wenn es ums Investieren geht, sind in Österreich Männer deutlich aktiver als Frauen. Wie eine Umfrage der Erste Bank aufzeigt, investieren sie doppelt so oft in Fonds (Männer versus Frauen: 22 versus 11 %), fast drei Mal so häufig in Einzeltitel (17 versus 6 %) und setzen darüber hinaus deutlich mehr auf das Fondssparen (21 gegenüber 14 %). Über den geschlechterspezifischen Anlageerfolg der Österreicher und Österreicherinnen macht die Umfrage keine Angaben, diverse internationale Studien sprechen allerdings eine deutliche Sprache: Frauen erzielen beim Investieren im Durchschnitt höhere Anlagerenditen.

„Frauen überschätzen sich weniger, haben konservativere Anlagestrategien und traden auch weniger häufig“, sagt Teodoro Cocca, Leiter der Abteilung für Asset Management an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU). Auch würden sich die Portfolios von Frauen eher dazu eignen, Trading-Muster zu erkennen. Das sei auch wichtig, denn wer auf Basis von Regeln investiere, werde normalerweise auch an der Börse erfolgreicher sein. Männer würden dagegen mehr Growth- als Quality-Aktien besitzen und auch eher dazu neigen, auf sehr riskante Papiere zu setzen. Im Falle von Kursverlusten würden Frauen früher verkaufen. „Männer halten öfter an Positionen fest, da sie Angst haben, ihr Gesicht zu verlieren“, so Professor Teodoro Cocca.

Laut Cocca gibt es verschiedene Erklärungsfaktoren für das unterschiedliche Anlageverhalten zwischen Männern und Frauen bzw. die Tatsache, dass Frauen höhere Anlagerenditen erzielen. Zu den sozio-demografischen zähle etwa, dass Frauen einerseits im Durchschnitt über weniger Vermögen verfügen als Männer. Andererseits sei einschlägiges Finanzwissen unter Frauen weniger stark ausgeprägt. „Daraus lässt sich – empirisch gestützt durch eine Studie der OECD – ableiten, wieso Frauen beim Anlegen risikoaverser sind“, so Cocca gegenüber dem Börsen-Kurier.

Frauen haben mehr Bauchgefühl
„Männer werden anders erzogen. Sie werden von klein auf eher dabei unterstützt, Risiken einzugehen“, so Cocca zu einem sozio-kulturellen Erklärungsansatz. Kognitiv basierte Experimente hätten wiederum gezeigt, dass Frauen zwar grundsätzlich Risiken nicht scheuen, die Welt aber objektiver sehen – sprich sie gewichten positive und negative Erlebnisse bzw. Informationen gleich hoch. „Männer tendieren dagegen eher dazu, Positives zu hoch zu gewichten“, so Cocca.

Wie der Experte weiter ausführt, wären Frauen gemäß einer Studie aus dem Jahr 2017 („Theory of Mind“) besser in der Lage, das Verhalten bzw. die Absichten ihres Gegenübers einzuschätzen. Das sei deshalb wichtig, weil es bei Anlageentscheidungen an der Börse auch manchmal darum gehe, beurteilen zu können, was andere Marktteilnehmer machen. Damit nicht genug: Frauen verfügen laut einer Reihe von Studien über mehr Empathie, was auch als eine Art von Intuition verstanden werden könne. Nachsatz des Experten: „Jeder, der sich mit der Börse beschäftigt, wird unterschreiben, dass Bauchgefühl beim Investieren sehr wichtig ist.“

Unser Fazit
Was kann man aus den angeführten Erkenntnissen für sich mitnehmen? Wer weniger Risiken eingeht, hochspekulative Papiere meidet und eher auf Value-Aktien setzt wird langfristig auch erfolgreicher sein. Weiters gilt es einerseits, zu viel Trading zu vermeiden und andererseits im Falle von starken Kursverlusten nicht zu lange an Positionen festzuhalten.

Hilfreich können in diesem Zusammenhang „Stop loss“-Grenzen sein. Dass der Buy-and-Hold-Ansatz seine Tücken hat, liegt auf der Hand: Starke Kursverluste können oft nach sehr langen Zeiträumen wieder aufgeholt werden. Anleger, die in den 80er-Jahren japanische Aktien kauften, können ein Lied davon singen: die Kursstände, die der Nikkei 225 vor dem 82-%-Einbruch zwischen Ende 1989 und Anfang 2009 erfuhr, konnten bis heute nicht erreicht werden.

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